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E,ntwicklung des ldealismus in Deutschland nach Hegel FRITZ-JOACHIM VON RINTELEN 1. Neukantianismus: Marburger Schule i~ACHHEGEL KAM eine fiingere Zeit, in welcher sieh im allgemeinen in Deutschland das Interesse yon der Spekulation abwandte zu Gunsten rein empirischer Wissenschaften . Vogt, Biichner, Moleschott, mit ihrem Materialismus und Haeekel mit seinen Evolutionstheorien beherrschten die Geister. Auch der Positivismus in seiner antimetaphysischen Ausrichtung land in Lass (gest. 1885), Avenarius (gest. 1896), den Empiriokritizisten und Schuppe (gest. 1913) seine bedeutendsten Vertreter. Bei Vaihinger (gest. 1922) finden wir dann in seinem "idealistischen Positivismus" bereits wieder die Verbindung zum Kantianismus vor, ja, er war Begriinder der "Kant-Gesellschaft." Seine Philosophie bleibt sensualistisch ausgerichtet , aber wir suchen nach "Hilfsmitteln, um die Empfindungsmasse zu bewWtigen." Hier stehen uns bewusste Fiktionen, geistig konstruierte Gebilde zur Verfiigung, "als ob" wir dadurch zu Wahrheitserkenntnissen gelangten, die abet nur biologischen, lebensfSrdernden Wert besitzen. Man kSnnte sagen, dass Vaihinger dem amerikanischen Pragmatismus nahgestanden hat. Fiir Vaihinger weisen die fiir das Leben so bedeutsamen Fiktionen ihre gestaltende Kraft fiir unser Handeln bis in die Ebene des Sittlichen, des kategorischen Imperatives und der religiSsen Ideen, wodurch wir an Kants regulative Prinzipien erinnert werden. Die eigentliche Erneuerung des Idealismus ist nun in den beiden Schulen des Neukantianismus, der Marburger eines Hermann Cohen (gest. 1918) und Paul Natorp (gest. 1924) sowie der Heidelberger Schule eines Wilhelm Windelband (gest. 1915) und Heinrich Rickert (gest. 1936) zu suchen. Auch Bruno Bauch (gest. 1942) miisste hier als eigenst~ndiger Denker genannt werden. Das Anliegen der Neukantianer ist, die Philosophie gegeniiber der Naturwissenschaft auch als strenge Wissensshaft gegeniiber einem blossen "Meinen" zu vertreten. Sie wird bei ihnen dadurch vornehmlich zur transzendentalen Erkenntniskritik. In ihrem Ruf "zuriick zu Kant" bleiben sie der kantischen For&rung treu, die Grenzen mSglicher Erfahrung nicht zu iiberschreiten und eine rationale Metaphysik zu verneinen. Damit ist eine antipsychologistische Haltung verbunden, welche besagt, dass dem Denken, dem Geistigen, dem logischen Gesetz eine volle Eigenst~indigkeit zukommt. Wir miissen die psychisch tatsi~chlichen Akte yon ihren eigentlichen Gehalten seharf trennen. Diese aber sollen auf ihren apriorischen Charakter, auf ihr inneres Sollen hin gepriift werden, um endgiil~ige geistige Einsichten zu gewinnen. Aber diesem Verfahren sind strenge Grenzen gesetzt, sofern nur formalapriorisch sich darbietende Vernunftgesetzlichkeit innerhalb erfahrbarer Gegenst ~indlichkeit zugelassen werden kann. [237] 238 HISTORY OF PHILOSOPHY Der Neukantianismus bezeichnet sich selbst als transzendentalen Idealismus, in welchem die logischen Gedanken und damit, im Unterschied zu Hegel, das Widerspruchsgesetz volle Geltung beanspruchen. Die Wahrheit hat mit einer Erfassung eines ungefiigen Seins nichts zu tun, sondern ist ein immanenter Vollzug des Denkens selbst als Masstab mSglicher Gegenst~ndlichkeit. Die auf diese Weise notwendig sich vollziehende Konstituierung des Objektiven erweist sich im Denkprozess als eine absolute Geltung. Dariiber kann Philosophie nicht hinausgreifen, und ein "Ding an sich" erweist sich, fiber Kant hinausgehend, nur als ein Grenzbegriff. Bei den Marburgern liegt eine st~rkere Orientierung an die mathematische Methode vor, wie bereits in der Kritik der reinen Vernunlt Immanuel Kants. Wir gewinnen gedankliche Ordnungsformen und Zahlenreihen als SchSpfungen des Verstandes. Als sch~rfster Kritiker ist hiergegen in Deutschland Josef Geyser (gest. 1948) aufgetreten, welcher auf den nicht auszuschaltenden realistischen Restbestand hingewiesen hat. In der Gegenwart wandte sich vor alIem der Existenzialismus gegen die neukantianische Art der Vergegenst~ndlichung und angeblichen Obiektivierung , welche in Wirklichkeit nur eine Subjektivierung sei. Es liegt aber beim Neukantianismus die yon der Kritik iibersehene zweifache Tendenz vor, die Philosophie zu einer streng objektiv-logisch aufweisbaren Wissenschaft werden zu lassen und das widerspruchslose Denken, damit die u selbst, als Fundament unserer Aussagen anzusehen. So kSnnen wir auch die sinnlich konkreten Dinge nur im Sinne physikalischer Funktionszusammenh~nge begreifen. Die Einheit unserer "einen" menschlichen u steht jenseits individueller Subjektivit~it und ist der eigentliche Ursprung im Sinne eines stets t~itigen, sich fortbildenden Prozesses. Mit Hegel sprechen wir yon einem zeitlosen Vorgang des wahren Denkens. Seine Erfiillung kann nur im Unendlichen, Aufgegebenen , Grenzenlosen liegen. Es liegt der eigenartige Versuch vor, ein unver~inderliches Formdenken in seiner unbedingten Giiltigkeit doch mit dem Prozess geistigen Werdens zu verbinden. Das aktive Moment der Marburger Richtung kommt vor allem in der Ethik zum Durchbruch, weIche aus formaler Erkenntnis eine Idee des Staates und der sozialen Gemeinschaft ableitet, wobei sich kantisch-idealistisches Denken mit sozial-marxistischen Ideen verbindet...

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