Abstract

Abstract:

Nicht das kritische Potenzial theatraler Prozesse und die Modi seiner Entfaltung, sondern das poietische Moment selbstkritisch verfahrender Theatergeschichtsschreibung steht im Fokus dieses Beitrags, der sich mit dem bislang kaum beachteten Marionettenballett (1762) des Ballettreformers Gasparo Angiolini befasst. Als paradigmatisches Beispiel für die weitläufige Indifferenz der Tanz- und Theaterwissenschaft gegenüber figurentheatralen Phänomenen gibt dieses Ballett Anlass zur Hinterfragung fachimmanenter Phänomenhierarchien und Exklusionsmechanismen. Der Beitrag erbringt zum einen den quellengestützten Nachweis, dass die musikhistoriografische Forschung zu Johann Adolf Hasses dramma per musica Il trionfo di Clelia, in welches Angiolinis Marionettenballett inszenatorisch eingelassen war, betreffend Auswahl, Nachweis und Deutung des herangezogenen Quellenmaterials korrekturbedürftig ist. Zum anderen wird diese Praxis der quellengestützten Überprüfung historiografischer Narrative selbst zum Gegenstand methodologischer Reflexion, indem sie als eine fallibilistisch operierende Form theaterwissenschaftlicher Ethopoiesis, d. h. als Modus einer disziplinären ‚Sorge um sich' theoretisiert wird.

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