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  • Das Theater Nanzikambe Arts in Malawi Das Portrait einer Bühne in Südostafrika
  • Thomas Spieckermann (bio)

Publikationen über zeitgenössisches Theater in Subsahara-Afrika sind rar. Der vorliegende Artikel versucht, durch eine Analyse des Theaters Nanzikambe Arts, ausgewählter Inszenierungen sowie seiner Stellung in der aktuellen Theaterlandschaft Malawis zum Forschungsstand beizutragen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Untersuchung der in den Aufführungen verwendeten theatralen Ästhetik. Der Artikel basiert dabei außer auf der Forschungsliteratur zum Theater in Subsahara-Afrika insbesondere auf persönlicher Rezeption von Inszenierungen sowie einer Fülle von Gesprächen und Interviews mit malawischen Künstlern, die aus einer intensiven dreijährigen Zusammenarbeit mit Nanzikambe Arts resultieren.1

Das Umfeld: Ein Abriss der Theaterlandschaft in Malawi

Theater blüht in Malawi in allen geographischen Regionen und in unterschiedlichen ästhetischen Ausprägungen, die in ihrer Gesamtheit nicht Thema dieses Aufsatzes sein sollen. Eine kurze Skizze der zeitgenössischen Theaterlandschaft Malawis erscheint hingegen für die Einordnung der Bühne Nanzikambe Arts sinnvoll. In diesem Zusammenhang muss man berücksichtigen, dass in Subsahara-Afrika der Begriff Theater nicht von dem des Performativen zu trennen ist. Von dieser Grundannahme ausgehend, kann man die Wurzeln des gegenwärtigen Theaters in Malawi im Wesentlichen in zwei unterschiedlichen historisch-kulturellen Bezugssystemen ausmachen.

Das erste Bezugssystem stellt die ethnische Struktur des Landes und die daraus hervorgehende unterschiedliche kulturelle Ausprägung dar. Malawi ist ein Agrarstaat mit nur zwei großen Städten – Lilongwe und Blantyre mit jeweils rund 700.000 Einwohnern. Der größte Bevölkerungsanteil Malawis lebt nach wie vor in ländlichen Gebieten, die sich historisch-ethnisch ausdifferenzierten. In diesen Gesellschaften ist bis heute eine reiche Kultur aus Tanz, Musik und performativen Elementen lebendig, die häufig von tradierten Mythen, von Genese, Abgrenzung und Migration einzelner Ethnien erzählen.2 Diese Kultur des Performativen stellt eine Säule des aktuellen Theaters in Malawi dar.3

Das zweite Bezugssystem ist das europäische Aufführungsverständnis, das während der britischen Kolonialzeit eingeführt wurde und die Unabhängigkeit im Jahre 1964 überdauert hat. Nachhaltig sichtbar wurde diese Form der Bühnenkunst durch die Gründung des Secondary School English Drama Festivals im Jahr 1969: Um das Verständnis der englischen Sprache unter ihren Schülern zu verbessern, leiteten damals Englischlehrer aus allen Teilen des Landes Theatergruppen an, britische dramatische Literatur aufzuführen und auf dem Festival zu zeigen.4 Diese zwei Bezugssysteme verschmolzen in der zeitlichen Folge, so dass im gegenwärtigen malawischen Theater meist performative und europäische Aufführungsformen amalgamieren.

So gründete beispielsweise der Autor Steven Ndhlovu das Wandumi Theatre in Liwonde und entwickelte Dramentexte, die eine europäische Dramaturgie aufgreifen und diese mit dem politisch ausgerichteten Protest [End Page 181] Theatre Südafrikas verbinden.5 Stanley Mambo hingegen, Schauspieler und Gründer der Mwezi Entertainment Arts Company in Lilongwe, benutzt in seiner Inszenierung Gany’ (2011) akrobatische Elemente und verbindet diese mit dramatischen Texten, um seinerseits mit dem Mittel des Theaters politische Fragestellungen zu untersuchen:


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Abb 1.

„Welt 3.0 – Maschinerie Hilfe“ von Clemens Bechtel, Thokozani Kapiri, Misheck Mzumara, Thomas Spieckermann.

Auf dem Foto: Julia Philippi und Dipolathu Katimba. Foto von Ilja Mess.

To some people, Africa is portrayed as an irredeemable beggar, but the question that the play raises is: ‘What is the African elite class doing to redeem Africa from this situation?’ The snobbish elite class are seen wrinkling their noses at the squalor that their fellow Africans are experiencing, yet they are not taking any action to alleviate the situation, except enjoying themselves in the comfort brought about by the wealth they amassed.6

Diese zwei Künstler seien beispielhaft für die reiche Theaterkultur genannt, die in den letzten Jahrzehnten in Malawi entstanden ist und auch zu einer großen Bandbreite neuer malawischer Dramatik geführt hat. Sie ausführlicher zu analysieren wäre Aufgabe einer eigenständigen Forschungsarbeit.7

Eine besondere Rolle in der Theaterlandschaft Malawis nimmt das Theatre for Development ein. Historisch reichen die Wurzeln ins Jahr 1970 zurück: Zu diesem Zeitpunkt gründete sich das Travelling Theatre am Chancellor College der University of Malawi: Eine Gruppe von Studenten griff virulente Themen...

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