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Die Kätzin, die Rättin und die Feminismaus Luise F. Pusch Jetzt ist er raus, der fünfte Band von Grass' Tierleben : Die Rättin (nach Katz und Maus, Hundejahre, Au_s dem Tagebuch einer Schnecke und Der Butt) . Ich habe nur den ersten (und kürzesten) Band der monumentalen Pentalogie gelesen. Es ging darin weder um Katzen und Mäuse noch um Kätzinnen und Mäusinnen, sondern um einen Adamsapfel - ein Thema, das uns Frauen von jeher kaum zu fesseln vermag. Apropos Adam. Da gab es doch diese falsche Schlange, oder war es vielleicht ein Schlangerich? Wir werden das Geschlecht des Tieres wohl nie erfahren, und doch glauben alle steif und fest, es sei weiblich gewesen. Schließlich heißt es die Schlange, und außerdem hat sie den Menschen ins Verderben gelocktl Vor Jahren brachte mir ein Professor der Germanistik einen Zeitungsausschnitt mit. "Kätzin entlaufen" stand da zu lesen. Was ich denn davon hielte, so als feministische Linguistin, fragte er listig. Und vor einer Woche erzählte mir eine Buchhändlerin von dem neuen Grass, den sie sogar schon gelesen hatte (Buchhändlerinnen müssen von Berufs wegen alles mögliche lesen) . Sie fand, der Titel "Die Rättin" müßte mir doch auf Anhieb zusagen und war verblüfft, als ich das verneinte. Die Wortschöpfung "Rättin" verstößt gegen die Regeln der deutschen Grammatik, und das hat der Günter ich wohl schlau einkalkuliert. Heldin seines Werks ist eine weibliche Ratte, ein Rattenweibchen. Aber "Die weibliche Ratte" oder "Das Rattenweibchen" - das klingt für einen Buchtitel natürlich wenig verkaufsfördernd. Thomas Mann hat vornehm darauf verzichtet, seine Erz ählung Herr und Rüde zu nennen. Er vertraute - mit Recht - darauf, daß mann sich bei "der Hund" sowieso nur ein männliches Tier denkt. Der weiße Wal, der weiße Hai - wer käme wohl auf die Idee, von einem "Walerich" oder 15 einem "Haiermann" zu sprechen, damit sich auch niemand irrigerweise ein Weibchen vorstellt? Und genau das ist das Problem. Die Tiere - sie sind nun mal unsere Vettern, niemals unsere Basen oder Cousinen. Ein Mensch ist männlich, es sei denn, das Gegenteil ist erwiesen. Für Tiere gilt in unserer Herrenkultur dasselbe. Und dagegen stemmt sich der Günter. Er will nicht, daß wir uns unter seiner Ratte einen tierischen Vetter vorstellen. Seine Ratte ist eine Rättin , weil sie eine echte Ausnahme ist. Kein langweiliges Männchen, wie sonst alle Tiere, sondern, höre & staune: ein Weib! Danke, Günter! Du hast uns nachhaltig daran erinnert , daß sogar eine feminine Bezeichnung nichts gegen eure Vorstellung vermag, daß auch alle Tiere männlich sind. Mit Ausnahme der Schlange natürlich. 16 ...

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