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Goethe Yearbook 301 Lektüreeffekt kein ausschUeßUch weibUches Phänomen. Wo sich bei der Lektüre geschlechtsspezifische Unterschiede ausmachen lassen, führt Schlichtmann dies auf die geschlechtspezifisch voneinander abweichenden Lebenserfahrungen und -erwartungen zurück. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen kommt es zu gravierenden Unterschieden bei der Lektüre, die jedoch auf verschiedene ästhetische Präferenzen und Voraussetzungen innerhalb desselben Geschlechts zurückzuführen sind. Das Geschlecht sei nur ein Einflussfaktor unter mehreren und ist bei Frauen auch davon bestimmt, wie sehr sie sich jeweUs mit ihrer geseUschaftlich zugeschriebenen GeschlechterroUe identifizieren. Die Stärke der Arbeit besteht Ui der empirischen Differenzierung der kanonisierten Leseforschung zum 18. Jahrhundert (Erich Schön), die aUerdings von anderen FragesteUungen ausgeht, und dabei den Lesesuchtdiskurs mit seiner Polemik erfassen. Methodisch Neues Uegt jedoch weder in Bezug auf Rezeptionsnoch auf Gendertheorien vor. Beide Theoriekomplexe werden daher auch nur kurz einführend angesprochen. Insgesamt steUt die Studie smnvoUes Material zur Differenzierung des geschlechtspezifischen Leseverhaltens zusammen und wftd ihrem Anspruch somit gemäß, wenn auch auf bescheidenerem Niveau als es die eingangs gesteUten Arbeitsfragen nahe legen. Michigan State University Karin A. Wurst Karsten Hein, Ottilie von Goethe (1796-1872): Biographie und literarische Beziehungen der Schwiegertochter Goethes. Frankfurt/Main: Peter Lang, 2001.698 pp. Ruth Rahmeyer, Ottilie von Goethe: Eine Biographie. Frankfurt/Main: Insel, 2002. 398 pp. Beide VeröffentUchungen nennen der Tradition folgend OttUie von Pogwisch nur mit dem angeheirateten Famüiennamen, dabei bestimmte die Herkunft aus altem, wenn auch verarmten preußischen Adel und der Wunsch nach entsprechender Lebensweise die Lebensentscheidungen dieser Frau gleichermaßen wie der Aufmerksamkeit heischende und geradezu schicksalsschwere Name Goethe. Beide Biographien steUen keineswegs ihre bescheidenen eigenen Schreibversuche und ihre Tätigkeit als Herausgeberin der üterarischen Zeitschrift Chaos übermäßig ins Zentrum, sondern geben mit ihrer Lebensgeschichte und der ihrer Kinder gleichzeitig die bisher relativ wenig erforschte Geschichte des schwierigen Erbes im konkreten und im ideeUen Sinne des SchriftsteUers, der als Deutschlands größter galt. Schon zu Lebzeiten des sogenannten Olympiers setzte mit dem nicht gerade glücküchen Leben und dem frühen Tod des einzigen überlebenden Sohnes August von Goethe (1789-1830), den OttUie 1817 heiratete, der "VerfaU" der Famüie Goethe ein, ein höchst interessantes Phänomen, zu dem nicht zuletzt "Vater" Goethe, wie sie den Schwiegervater stets nannte, selbst beitrug, wie besonders Rahmeyer gut herausarbeitet. Der Vater legte den Sohn, dem ohnehin der Makel der uneheUchen Geburt nachhing , früh auf die beengende RoUe des Geschäfts- und Nachlaßverwalters fest. OttiUe galt als wesentüch gebüdeter und "geistreicher" als August. Gemeinschaft und Anregung für ihr tiefes Interesse an Literatur und Kunst fand sie deshalb nicht Ui der Ehe, sondern mit dem Schwiegervater. So spielte sie Ui der Weimarer Salonkultur eine wichtige RoUe. Die Einkommensregelung Un Ehevertrag und im Testament des "Vaters" machten ihr eine Wiederverheiratung schwer und legten sie auf die RoUe der dem Andenken lebenden Witwe in Weimar fest, "zum Goetheinventar erniedrigt," wie HeUi schreibt (12). Sie war 302 Book Reviews jedoch eine starke Persönlichkeit und litt unter dem Namen und die daran geknüpften Erwartungen weniger als ihr Ehemann und später ihre Kinder. Ottüies Söhne Walther und Wolf bUeben ehe- und kinderlos, und so erlosch der Famiüenname mit dem Tod des älteren Walther (1785). Bei der Biographie von Rahmeyer handelt es sich um die vor aUem im umfangreichen Anhang überarbeitete "Neufassung'' (357) der Ausgabe, die bereits 1988 unter dem Titel Ottilie von Goethe: Das Leben einer ungewöhnlichen Frau erschien (Stuttgart: Engelhorn; Taschenbuchausgabe München: Heyne, 1994). Un Nachwort sichtet und wertet Rahmeyer die neuere Forschung zu OttUie von Goethe einschUeßUch der Studie von Karsten Hein. Der Titel von Hems materialreicher und seitenstarker Untersuchung verspricht den Schwerpunkt statt auf die schon von den Zeitgenossen vielberedeten VerUebtheiten und Affären (eUischUeßüch eines uneheUchen Kindes) auf ihre vernachlässigten weitreichenden Uterarischen Beziehungen zu lenken und ihre Bedeutung als einer "geseUschaftUch tragenden Figur der Weimarer Spätklassik und auch des 'Jungen Deutschland'" (11) zu würdigen. Die Studie ist gleichzeitig die erste Dissertation G^üsseldorf 2000) zu OttUie von Pogwisch-Goethe. So kommt es, dass HeUi und Rahmeyer sich (jeweUs im Nachwort) gegenseitig kritisieren: HeUi nennt sein...

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