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  • Dramatische Auftritte:Selbst- und Körperinszenierungen in Margret Kreidls Ich bin eine Königin und Unter Wasser
  • Andrea Bandhauer (bio)

Margret Kreidl (geb. 1964) ist in den letzten Jahren hauptsächlich innerhalb der österreichischen Literaturszene als experimentierfreudige Autorin von Texten bekannt geworden, die die Gattungsgrenzen von Drama, Prosa und Lyrik überschreiten. Sie verfasst Theaterstücke, die auch als Hörstücke funktionieren, sowie extrem verkürzte und verdichtete Prosatexte, die sie auch Minidramen nennt. Die Stücke kamen zwar auf kleinen Bühnen zur Aufführung, wurden aber doch von der deutschsprachigen Theaterkritik wahrgenommen, zum Beispiel zur Koblenzer Uraufführung des Stücks "Auf die Plätze. Sportlerdrama" (Stadttheater, 1992) in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2. Dez. 1992), in der Frankfurter Rundschau (16. Dez. 1992) und in Theater Heute (5/92). Seit 1995 erschienen zahlreiche Bücher Kreidls, auch hier wieder in solchen österreichischen Verlagen, in deren Programm unkonventionelle und innovative AutorInnen stehen, wie zum Beispiel Wieser, Ritter, Das Fröhliche Wohnzimmer und Edition Korrespondenzen. Sie erhielt bereits mehrere Literaturpreise – unter Anderem auch 1994 den Reinhard-Priessnitz-Preis, 1996 den Literaturförderungspreis der Stadt Graz sowie 2000 den Förderungspreis der Stadt Wien. Einige ihrer Texte wurden bereits in andere Sprachen übersetzt, wie zum Beispiel das Stück Dankbare Frauen (1997) ins Englische (2001) und ins Hebräische (2003), sowie das Singspiel Das steile Glück ins Französische (2005).

Zu einem näheren Verständnis ihrer Schreibweise und deren Einordnung in den Kontext der österreichischen Gegenwartsliteratur trägt unter Anderem Kreidls Aufnahme in den Sammelband zur Postmoderne in der österreichischen Literatur von Frauen bei. Schreibweisen. Poetologie. Die Postmoderne in der österreichischen Literatur von Frauen erschien im Jahre 2003 im Milena-Verlag. Kreidls Text "Der Satz und die Seite," ein "poetologisches Selbstgespräch," sowie eine Studie von Daniela Bartens über Kreidls Schreibweise sind unter die Rubrik "Experiment-Sprachkritik-Sprachspiel" gereiht, wo auch Texte von und über Ilse Kilic, Friederike Mayröcker, Heidi Pataki, Waltraud Seidlhofer und Liesl Ujvary zu finden sind. Insofern wird Kreidls Schreiben in einer spezifisch österreichischen literarischen Tradition verortet, wo von der "Wiener Gruppe" in den fünfziger Jahren, von den AutorInnen aus dem Umkreis des Forum Stadtpark Graz und der Zeitschrift manuskripte in den späten sechziger Jahren bis heute an die Verfahrensweisen der historischen Avantgarde angeknüpft wird (siehe zum Beispiel Bartsch 8–12). [End Page 469]

So spielt Kreidl den sprachkritischen Gestus dieser Literatur nach, wenn sie Wörter und Sätze durch Reihung, Wiederholung und Kontrast, durch Alliteration und Assonanz rhythmisch montiert. Damit stellt sie diese in klangliche und damit neue semantische Kontexte, was zu überraschenden und belustigenden Zusammenhängen und Assoziationsketten führt. Texte, meint Kreidl, müssen sprachlich arbeiten und so "prekäre Inhalte produktiv machen" (Cejpek 58). So beginnt zum Beispiel der Kurztext "Einkaufsparadies" aus Laute Paare. Szenen Bilder Listen (2002).

Sportsocken Stretchrock Crashtop. Fesch! Oder dochCaprihose Stretchtop Creperock? Tina überlegt:Neckholdertop Lacklederhose? Warum nicht? PatentstrickrolliRock Tiroler Loden. Megastoff! Nadelstreifrock Rollkragentop.Ein Flop!

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Durch das Überangebot an trendigen Kleidungsstücken und durch die Schwierigkeiten, sich für einen Stil zu entscheiden, gerät die Konsumentin zunehmend in Panik und die glitzernde Warenwelt wird zur Parodie einer existentiellen Bedrohung:

Tina ahnungslos: Glitzerbody Micromini? Was ist in? Lycraslipbestickt? Tina schwitzt. Shiftrock Pagenslip mit Spitzenborte?[…]Schlauchkleid mit Bauchschlitz? Hilfe!

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Die "prekären Inhalte," die Kreidl durch diese Verfahren kritisiert, sind beispielsweise die Verortung des Weiblichen innerhalb der gesellschaftlichen Diskurse, Geschlechterbeziehungen sowie die Zurichtungen des weiblichen Körpers zum "erotischen," "modischen," "sportlichen" oder "kranken" und "alten" Körper durch die Konsum- und Mediengesellschaft.

Insofern ist Kreidls Blick auf Gesellschaft und Geschlechterordnung ein feministischer und diskurskritischer. Erreicht wird die dazu notwendige kritische Distanz zu den Traditionen und bestehenden Ordnungen – und hier befindet sich Kreidl in Gesellschaft vieler Gegenwartsautorinnen – durch die spielerische Entlarvung von klischierten Kategorien und Bedeutungen. Zu Recht ordnet also Astrid Poier-Bernhard unter anderen auch Kreidls Texte der "Spiel- und Regelliteratur" zu (231). Strenge Regelhaftigkeit wird mit deren Infragestellung kontrastiert, und zwar durch die Verletzung der "Spielregeln," die als zufälliger "Fehler" getarnt wird. So werden in Kreidls Stücken Dialog und Repräsentation immer wieder unterwandert, indem die Personen unvermittelt "falsch" aufeinander reagieren. Im Stück "Halbe...

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