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MLN 117.3 (2002) 667-670



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Book Review

Theodor Fontane.
Literature and History in the Bismarck Reich


Gordon A. Craig, Theodor Fontane. Literature and History in the Bismarck Reich. New York and Oxford: Oxford University Press, 1999. xiii and 232 pages.

Der Doppeltitel dieser englischen Ausgabe scheint eine umfassende Studie Fontanes und des historischen Kontextes seiner Werke anzuzeigen. Der Titel der früheren deutschen Fassung, Über Fontane (1997), dessen Präposition traditionell auf die Gattung des Essays hinweist, läßt jedoch vermuten, daß es sich hier nicht um eine systematisch angelegte Monographie handelt, sondern um locker verbundene Abhandlungen, deren Betrachtungsweise mitunter ichbezogener Natur ist. Die Lektüre des Buches bestätigt diese Erwartung. In acht unterschiedlichen Kapiteln erfaßt es im Rahmen geschichtlicher Schilderung und literarischer Interpretation persönliche Erlebnisse und Urteile. Die Darstellung ist leicht zugänglich und verbindet, ähnlich wie bei Fontane, objektive Sachlichkeit mit subjektiven Assoziationen und urbanem Geplauder.

Craig, als Historiker der deutschen Geschichte bekannt (Germany, 1866-1945; The End of Prussia, u. a.), hat Fontanes geschichtliche Schriften mit "Begeisterung und Dankbarkeit" gelesen und schuldet ihnen manche Anregung: "What would my own book on Königgrätz [1964] have become had I not read Fontane's German War of 1866?" (xiii). Der Titel des ersten Kapitels, "History" (3-24), ist mehrfache deutbar. Craig skizziert die Anfänge Fontanes, darunter die Jahre in England, zeichnet sein passioniertes Interesse an der Geschichte nach und interpretiert die historischen Balladen, die in dieser Zeit entstanden. Er betrachtet die Entwicklung der Geschichtswissenschaft, "[which] became at once more scientific and more professional," und erläutert Fontanes Rolle innerhalb dieses Systems.

Im zweiten Kapitel, "Scotland" (25-47), überblickt Craig die Bedeutung des Landes für die Deutschen, die—wie Fontane—das von dort Überlieferte mit Begeisterung aufgenommen hatten. Seine Wanderungen durch Schotttland schildert er ausführlich in Jenseit des Tweed (SW XVII:191-410), und aus der Fülle des Materials wählt Craig einige Glanzstücke zur näheren Betrachtung aus. Die Erlebnisse in Schottland erinnerten Fontane immer wieder an seine märkische Heimat, und auf seinen "Streifereien in der Fremde" erhielt er die ersten Anregungen zu seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg (SW IX-XIII). Hier stellt er "Buntes" und "Mannigfaches" zusammen, in der Behandlung so verschieden wie die Dinge selbst (IX:5-7). [End Page 667] Die Erzählweise ist locker, unterhaltsam und anekdotisch, und trotz einiger Bedenken verfällt er immer wieder in seinen "gemütlichen Wanderer-Ton" (Brief vom 26. Febr. 1861 an Hertz). Ähnliche Züge kennzeichen Craigs 3. Kapitel, "Wanderings" (48-69). Er bewundert Fontanes ungeheuren Fleiß bei der Erforschung von Archiven und Aufzeichnungen und kontrastiert Stil und Ton der Schilderung vorteilhaft mit der Schwerfälligkeit und Trockenheit der meisten Werke zur Regionalgeschichte. Sein Essay ist weniger analytische Deutung des Textes als ein Bericht über persönliche Beobachtungen, die er auf eigenen Wanderungen durch die Mark machte, wo er u. a. das Grab Kleists, das Humboldt-Schloß in Tegel, die Pfaueninsel und das Havelland besuchte. Zeitlich erfaßt er vier Ebenen: den auch von Fontane erörterten historischen Hintergrund, die Erzählzeit der Wanderungen, die Jahre der DDR und den Beginn der neuen Ära. Den Verfall der Mark unter kommunistischem Regime charakterisiert Craig mit einem treffenden Zitat aus Fontanes Gedicht "Veränderungen in der Mark." 1899 wie 1990 konnte sich der Besucher des Eindrucks nicht erwehren: "Gott, ist die Gegend runtergekommen" (SW XX:401). So vieles war, nach Craigs Urteil, "fallen to the ravages of the communist regime." 1994 war das anders geworden: "the former atmosphere of discouragement seemed to have lifted," und eine neue Vitalität machte sich überall bemerkbar.

Ungemein wohlwollend behandelt Craig die Kriegsbücher Fontanes ("War," 70-95). Er schreibt dem Verfasser Kenntnisse und Fähigkeiten zu, die ihn dem besten Historiker gleichstellen. Fontane verstand die Organisation des Militärs und seine taktischen Regeln und war mit der Fachterminologie durchaus vertraut. Seine gründliche Erforschung historischer Quellen als auch zeitgenössischer Dokumente, darunter Berichte der ausländischen Presse, die Korrespondenz mit Befehlshabern des Militärs und die persönliche Besichtigung der...

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