[BOOK][B] Terenz'und Menanders Heautontimorumenos
E Lefèvre - 1994 - books.google.com
E Lefèvre
1994•books.google.comDichter und Philologen fühlten sich gegenüber dem Heautontimorumenos seit je in einer
zwiespältigen Situation: Auf der einen Seite schätzte man die eindrucksvollen Charakter-
Bilder, die Menedemus und Chremes in der Eingangs-Szene verkörpern; auf der anderen
Seite wurde man enttäuscht, daß Menedemus immer mehr in den Hintergrund trat und
Chremes sich in einer veräußerlichten Richtung entwickelte, die man nicht erwartet hatte.
Aber der Name Menanders bürgte für Qualität, und so gab man sich mehr oder weniger …
zwiespältigen Situation: Auf der einen Seite schätzte man die eindrucksvollen Charakter-
Bilder, die Menedemus und Chremes in der Eingangs-Szene verkörpern; auf der anderen
Seite wurde man enttäuscht, daß Menedemus immer mehr in den Hintergrund trat und
Chremes sich in einer veräußerlichten Richtung entwickelte, die man nicht erwartet hatte.
Aber der Name Menanders bürgte für Qualität, und so gab man sich mehr oder weniger …
Dichter und Philologen fühlten sich gegenüber dem Heautontimorumenos seit je in einer zwiespältigen Situation: Auf der einen Seite schätzte man die eindrucksvollen Charakter-Bilder, die Menedemus und Chremes in der Eingangs-Szene verkörpern; auf der anderen Seite wurde man enttäuscht, daß Menedemus immer mehr in den Hintergrund trat und Chremes sich in einer veräußerlichten Richtung entwickelte, die man nicht erwartet hatte. Aber der Name Menanders bürgte für Qualität, und so gab man sich mehr oder weniger zufrieden. Ein nahezu unbegreifliches Zeugnis der (positiven) Voreingenommenheit ist die Rezeption von Chremes' berühmtem Bekenntnis homo sum: humani nil a me alienum puto (77). Wie noch ausführlich zu zeigen sein wird, sprach der Dichter Wieland von einem „Vers, der, bei aller seiner ungeschmückten Einfalt, der beste ist, den die Menschlichkeit jemals einem Dichter eingegeben hat", ohne auch nur mit einem Wort zu erwähnen, daß der Sprecher bei Terenz ein neugieriger лоλνлоάуμшν ist; und der Philologe Bickel sprach gar von „Menanders Urwort der Humanität “, ohne auch nur mit einem Wort zu erwähnen, daß Terenz in diesem Fall das Vorbild entscheidend geändert haben müßte. Das war eine merkwürdige Verwirrung der Geister. Es kam hinzu, daß man nach der Lektüre des Prologs eine (Fabula) stataria erwartete und in den ersten Szenen darin auch bestärkt wurde. Gewiß traten weder ein servus currens auf noch ein iratus senex (jedenfalls nicht am Anfang), edax parasitus, sycophanta inpudens oder avarus leno, aber die Handlung wurde im Lauf der Zeit so verwickelt, daß man Mühe hatte, ihr zu folgen. Es war nicht leicht zu begreifen, welche Frau jeweils in welchem Haus war, zumal dafür aus Prinzip keine Begründungen gegeben wurden. argu-Zu allem Überfluß hatte Terenz im Prolog erklärt, es handele sich um ein mentum simplex, das duplex gemacht worden sei. Wenn auch der Zusammenhang ergibt, daß er das selbst getan habe, scheute man in der Ohnmacht, zu erkennen, wie er das getan habe, nicht vor dem Ausweg zurück, anzunehmen, das argumentum habe schon Menander duplex gemacht. Es ist verwunderlich, daß man im 17. bis 19. Jahrhundert kühne Thesen über Terenz'selbständiges Vorgehen aufstellte, im 20. Jahrhundert aber umgekehrt die Feinheit der Methode vorwiegend darin erblickte, alles, was früher ungewöhnlich erschien, zu entkräften und zu verstehen, womöglich als gut menandrisch zu erweisen. Das letzte ist allerdings nach den Neufunden nicht mehr so leicht möglich. Im folgenden sollen
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