[PDF][PDF] 'petis, ut tibi... scribam...'(Plinius epist. 6, 16 und 20)

JW Beck - Göttinger Forum für Altertumswissenschaft, 2013 - journals.ub.uni-heidelberg.de
JW Beck
Göttinger Forum für Altertumswissenschaft, 2013journals.ub.uni-heidelberg.de
Der Ausbruch eines Vulkans ist ein spektakuläres Ereignis–unbändige Kräfte der Natur, die
sich ihren Weg bahnen, ebenso faszinierend wie tödlich. Heute ist man über die Medien
bestens informiert und kann zeitgleich und überall auf der Welt den seltenen Vorgang aus
sicherem Abstand miterleben. In der Antike war man auf Erzählungen anderer, mehr oder
weniger korrekte, möglicherweise ausgeschmückte Beschreibungen angewiesen, in denen
in mythischer Überhöhung durchaus Giganten am Werk gesehen wurden. 1 Umso …
Der Ausbruch eines Vulkans ist ein spektakuläres Ereignis–unbändige Kräfte der Natur, die sich ihren Weg bahnen, ebenso faszinierend wie tödlich. Heute ist man über die Medien bestens informiert und kann zeitgleich und überall auf der Welt den seltenen Vorgang aus sicherem Abstand miterleben. In der Antike war man auf Erzählungen anderer, mehr oder weniger korrekte, möglicherweise ausgeschmückte Beschreibungen angewiesen, in denen in mythischer Überhöhung durchaus Giganten am Werk gesehen wurden. 1 Umso wertvoller waren demgegenüber Aussagen von Augenzeugen, wie sie mit den beiden sog. Vesuv-Briefen des Plinius vorzuliegen scheinen. Epist. 6, 16 gilt zusammen mit 6, 20 als einer der bedeutendsten, ja aufregendsten Briefe der ganzen Sammlung–der direkte Bericht eines Überlebenden, spannend, anschaulich und lebendig: Erfahrungen, Emotionen, Ängste sind unmittelbar mitzuempfinden, wenn auch aus der zeitlichen wie räumlichen Distanz der nachträglichen Rezeption. 2 Es sind neben den Christen-Briefen die Bekanntesten und meist Gelesenen, und dies weit über die Grenzen des Faches und ein bloßes Fachpublikum hinaus. Der von Plinius beschriebene Typ des Ausbruchs ist als fester Begriff der Plinianischen Eruption bis in die heutigen Naturwissenschaften eingegangen. Seine Episteln fehlen in keiner Ausstellung über Pompeji und Herculaneum; sie sind selbstverständlich vertreten in literarischen Sammlungen über Naturkatastrophen–sie sind mit die prominentesten Texte der lateinischen Literatur der Antike überhaupt, die die wohl größte Wirkung auf eine breite Öffentlichkeit haben ausüben können.
journals.ub.uni-heidelberg.de