[BOOK][B] Spätantike Patronatsformen im Westen des Römischen Reiches

JU Krause - 1987 - books.google.com
JU Krause
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In der Forschung gilt das spätantike Patronatswesen als wesentlicher Faktor für die
Schwächung und schließliche Auflösung der römischen Staatsgewalt im Westen des
Reiches. Das ländliche Patrocinium, dh die Schutzherrschaft von Großgrundbesitzern über
eine abhängige Landbevölkerung, habe einen Großteil der Reichsbevölkerung dem
unmittelbaren Zugriff der Staatsgewalt entzogen und sei eine maßgebliche Komponente
einer spätantiken Grundherrschaft gewesen. Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel …
In der Forschung gilt das spätantike Patronatswesen als wesentlicher Faktor für die Schwächung und schließliche Auflösung der römischen Staatsgewalt im Westen des Reiches. Das ländliche Patrocinium, dh die Schutzherrschaft von Großgrundbesitzern über eine abhängige Landbevölkerung, habe einen Großteil der Reichsbevölkerung dem unmittelbaren Zugriff der Staatsgewalt entzogen und sei eine maßgebliche Komponente einer spätantiken Grundherrschaft gewesen. Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, diese communis opinio der Forschung auf der Grundlage einer möglichst breiten Erfassung des Quellenmaterials einschließlich der Kirchenväter zu überprüfen. Die Untersuchung gelangt zu dem Ergebnis, daß zwar in der Spätantike ein dichtes Netz von Patronatsbeziehungen existiert hat, diese aber eine unmittelbare Kontinuität zur frühen Kaiserzeit aufweisen (Ämterpatronage, Gerichtspatrocinium, Städtepatronat). Die verschiedenen Ausprägungen des ländlichen Patrociniums in der Spätantike hatten bei weitem nicht die Bedeutung, die ihnen in der Forschung gemeinhin zugesprochen wird. Insbesondere der Wert Salvians von Marseille als Quelle wird überschätzt, wie eine eingehende Interpretation seiner Äußerungen zum Patrocinium über seẞhafte freie Bauern zeigt. Eine Grund-und Leibherrschaft, wie sie für das Mittelalter kennzeichnend ist, hat es in der Spätantike somit nicht gegeben; feudale Strukturen (private Gerichtsbarkeit; Privatarmeen usw.) waren nicht die Ursache des Zerfalls des spätrömischen Staatsapparates, sondern entstanden allenfalls als Folge hiervon.
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