[CITATION][C] Die geometrische Construction als “Existenzbeweis” in der antiken Geometrie

HG Zeuthen - Mathematische Annalen, 1896 - Springer
HG Zeuthen
Mathematische Annalen, 1896Springer
Die logischen Principien, welche die Mathematik zur exacten Wissenschaft gemacht haben,
sind bekanntlich yon den alien Griechen aufgesteltt worden. Diese Principien waren so
votls~ ndig entwickelt, dass man in der Regel durch genauere Untersuchung und durch ein
tieferes Eindringen einen vernfinftigen Grund auch fiir dasjenige finden wird, was uns zuerst
als eine iiberfliissige u oder eine willkiirliche Festsetzung erseheint. So l~ sst der genauere
Infinitesimalbegriff uns in uuserem Jahrhundert besser die logische Bedeutung des …
Die logischen Principien, welche die Mathematik zur exacten Wissenschaft gemacht haben, sind bekanntlich yon den alien Griechen aufgesteltt worden. Diese Principien waren so votls~ ndig entwickelt, dass man in der Regel durch genauere Untersuchung und durch ein tieferes Eindringen einen vernfinftigen Grund auch fiir dasjenige finden wird, was uns zuerst als eine iiberfliissige u oder eine willkiirliche Festsetzung erseheint. So l~ sst der genauere Infinitesimalbegriff uns in uuserem Jahrhundert besser die logische Bedeutung des weittiiufigen Exhaustionsbeweises verstehen, als es im vorigen Jahrhuudert der Fall war.
Das, was ich hier zu erkli~ ren versuehen werde, ist eine andere Seite der antiken Geometrie. Wit haben yon den Griechen die geo. metrische Construction geerbt. Namentlich solche Constructionen, die sich mittels Zirkel und Lineal ausffihren lassen: dienen als vor~ reffliche Uebung in unseren Schulen und sind unentbehrlich fiir die Practiker. Die Griechen wandten abet die Construction in viel ausgedehnterem Maasse an, als wit zu thuu pflegen, namentlich anch da~ wo ihr praetiseher Nutzen ganz hinfs ish Was nti~ zt es zum Beispiel mit Hiilfe yon Kegelschnitten eine Cubikwurzel zu bestimmen oder eine cubische Gleichung zu 15sen? Man bat sich dariiber gestritten, w] e die Griechen solche Constructionen wirklich ausgeftihrt haben, oh sie sieh die Kegelsehnitte durch wirkliche Anfertigung yon Kegeln oder durch Construction einer gewissen Anzahl yon Punkten in der Ebene hergest~ llt haben. Die erste MeEaode wiirde ungeheuerlich sein, die zweite auch ziemlich beschwerlich und ungenau i yon der Anwendung dieser Methoden finder sich auch in der That gar nichts in der fiberlieferten Litteratur. Ieh abet glaube, dass man dicse Construction mit Hiilfe yon Kegelschnitten im aUgemeinen nicht practisch ausgef~ hrt haL, sondern dass diese vielmehr-wie sie es auch fiir uns
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