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  • German Unification 1989–1990: Documents on British Policy Overseas ed. by Patrick Salmon, Keith Hamilton, and Stephen Robert Twigge
  • Hermann Wentker
German Unification 1989–1990: Documents on British Policy Overseas. Edited by Patrick Salmon, Keith Hamilton, and Stephen Robert Twigge. London: Routledge, 2011. Pp. 522. Cloth $160.00. ISBN 988-0415550024.

Angesichts der fast überall geltenden 30-Jahressperrfrist für staatliche Akten ist es eigentlich erstaunlich, dass diese Edition von Akten aus dem britischen Foreign and Commonwealth Office (FCO) zur deutschen Wiedervereinigung bereits 20 Jahre nach [End Page 480] dem Ereignis erscheint. Zwei Gründe haben das FCO wohl bewogen, in diesem Fall die Frist zu verkürzen: zum einen der Umstand, dass bereits seit zehn Jahren eine einschlägige Edition der Akten aus dem Bundeskanzleramt vorliegt, und zum anderen das negative Image, das der britischen Deutschlandpolitik in dieser Zeit aufgrund der ablehnenden Haltung der Premierministerin Margaret Thatcher anhaftet.

Der Band enthält 244 Dokumente und wird von Hauptherausgeber Patrick Salmon knapp und präzise eingeleitet. Darin verweist er unter anderem darauf, dass bereits 1987 britische Vertreter über eine lebhafte Debatte zur Wiedervereinigung in der Bundesrepublik berichteten. Schon im September 1987 wurde im Foreign Office ein Papier „The German Question and Europe“ erstellt: Wenn der Kommunismus—in der Mitte des 21. Jahrhunderts oder etwas früher (!)—zusammenbreche, so heißt es darin, stelle sich wieder die deutsche Frage und damit das Problem deutscher Neutralität. Schade, dass dieses Dokument nicht abgedruckt ist. Die ersten Dokumente des FCO zu 1989 befassen sich unter anderem mit den Verhältnissen in der DDR seit Sommer 1989, den innerdeutschen Beziehungen und der westdeutschen Deutschlandpolitik: Auch hier wird deutlich, wie sehr das FCO sich mit der Frage beschäftigte, ob die Bundesrepublik im Fall einer Wiedervereinigung ein zuverlässiger Verbündeter bleiben würde.

Als sich ab dem Spätherbst 1989 immer deutlicher abzeichnete, dass die Einheit möglicherweise sehr viel schneller als gedacht kommen würde, schälten sich zwei unterschiedliche politische Kurse heraus. Während das FCO von Anfang darauf drängte, dass sich die britische Regierung unzweideutig für das Recht auf Selbstbestimmung der Deutschen aussprechen solle, war Margaret Thatcher darauf bedacht, die deutschen Aspirationen nicht öffentlich zu unterstützen, da sie eine Marginalisierung Großbritanniens angesichts der immer engeren deutsch-amerikanischen Beziehungen befürchtete. Hier wird zum Teil Bekanntes, wie etwa der Versuch Thatchers, sich mit Präsident François Mitterrand am Rande des Straßburger EGGipfels am 8. Dezember 1989 auf eine antideutsche Politik zu einigen, mit einem britischen Dokument illustriert (Dok. 71). Sehr viel deutlicher als bisher wird jedoch der Konflikt zwischen dem FCO unter Douglas Hurd und der Premierministerin greifbar, der zwischen Anfang Januar und Mitte Februar 1990 seinen Höhepunkt erlebte. Thatcher lenkte vor allem aus zwei Gründen ein. Zum einen, weil sie keine internationale Unterstützung mehr erhielt: Ende Januar wurde deutlich, dass die Sowjetunion sich einer Wiedervereinigung nicht mehr zur Wehr setzen würde, und bei ihrem Treffen mit Mitterrand am 20. Januar (der sich unmittelbar zuvor mit Bundeskanzler Helmut Kohl verständigt hatte), musste sie auch die Hoffnung auf eine Unterstützung durch Frankreich aufgeben (Dok. 103). Zum anderen wurde Thatchers Position auch im Innern unterminiert: Dies wurde spätestens deutlich angesichts der Opposition der von ihr zusammengerufenen Experten auf ihrem Landsitz Chequers am 24. März 1990—die bereits bekannten Dokumente zu diesem [End Page 481] Treffen sind noch einmal in einem Appendix des Bandes abgedruckt. Wenngleich der Kurs auf Wiedervereinigung von London ab Mitte Februar unterstützt wurde, war durch Thatchers Politik großer diplomatischer Schaden entstanden, so dass der britische Botschafter in Bonn, Sir Christopher Mallaby, am 22. Februar 1990 schrieb: „Britain’s public standing in Germany is at its lowest for years“ (Dok. 151, S. 303).

Erst mit der Konferenz von Ottawa, die den „Zwei-plus-Vier-Prozess” einleitete, um die internationalen Rahmenbedingungen der Wiedervereinigung festzulegen, änderte sich die Situation für die britische Außenpolitik: „Ottawa released the UK’s German policy from the paralysis in which it had been locked up since the opening of the Berlin Wall“ (Einleitung, S. xxviii). Trotz vereinzelter Querschüsse Thatchers, die den Vereinigungsprozess am liebsten verlangsamt oder Deutschland unter...

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