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  • Gesundheit und Krankheit im Spiegel von Petitionen an den Landtag von Baden-Württemberg 1946–1980 by Sylvelyn Hähner-Rombach, and: Medikale Subkulturen in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Gegner (1950–1990) by Florian Mildenberger
  • Jeannette Madarasz-Lebenhagen
Gesundheit und Krankheit im Spiegel von Petitionen an den Landtag von Baden-Württemberg 1946–1980. By Sylvelyn Hähner-Rombach. Stuttgart: Franz Steiner, 2011. Pp. 193. Paper €39.00. ISBN 978-3515099141.
Medikale Subkulturen in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Gegner (1950–1990). By Florian Mildenberger. Stuttgart: Franz Steiner, 2011. Pp. 188. Paper €36.00. ISBN 978-3515100410.

Zusätzlich zu der renommierten Zeitschrift „Medizin, Gesellschaft und Geschichte“ publiziert das Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung regelmäßig [End Page 470] sogenannte Beihefte. Diese lassen sich in einer erweiterten Sozialgeschichte der Medizin verorten und befassen sich oft, ganz im Sinne der Robert Bosch Stiftung, mit der Geschichte alternativer Heilweisen, u.a. der Homöopathie. In der vorliegenden Sammelrezension sollen nun die zwei aktuellsten Beihefte (Bände 40 und 41) rezensiert werden. Dies vorweg zur Erklärung dafür, wie diese zwei thematisch, inhaltlich und methodisch doch sehr unterschiedlich ausgerichteten Publikationen miteinander in Verbindung stehen.

Sylvelyn Hähner-Rombach hat in den letzten Jahren einschlägige Arbeiten zur Geschichte der Krankenpflege, zur Sozialgeschichte der Tuberkulose sowie zu den medizinischen und kulturellen Aspekten der Nutzung von Wasser veröffentlicht. Dabei thematisierte Hähner-Rombach wiederholt die Frage nach Quellenbeständen, vor allem Quellen, die Aufschluss geben können über Alltagserfahrungen von Krankheit. Mit dem hier zu rezensierenden Werk verfolgt sie diesen roten Faden ihrer Forschung weiter und wendet sich dabei einem neuen Quellenbestand zu. Ihre neue Studie befasst sich mit Petitionen, die im Zeitraum 1946 bis 1980 an den Landtag von Baden-Württemberg ergingen und sich zu Krankheit und Gesundheit äußerten.

Dieser spannende Zugang zum breiten Themenfeld Gesundheit, das derzeit in Deutschland vermehrt historisch bearbeitet wird, verspricht einen Einblick in alltägliche Erfahrungswelten, Wertsetzungen, gesellschaftliche Diskurse sowie Ängste und Nöte der Menschen in Baden-Württemberg. Gerade die Ebene der Alltagserfahrungen und -praktiken sind aufgrund der oft unzureichenden Quellenlage notorisch schwierig zu bearbeiten. Entsprechende Studien stellen ein Forschungsdesiderat sowohl in der wissenschafts- als auch medizinhistorischen Forschung dar. Hähner-Rombach nähert sich diesem Unterfangen mit dem Ziel, Auskunft zu geben über den „Quellenwert von Petitionen für eine Sozialgeschichte der Medizin“ (165).

Allerdings offenbart sich bei näherer Betrachtung des Inhaltsverzeichnisses sowie der Einleitung schnell eine deutliche Einschränkung des im Titel des Buches aufgestellten Anspruchs. Letztendlich steht eine bestimmte Kategorie von Petitionen im Fokus der Untersuchung: Petitionen von Strafgefangenen. Damit wendet sich Hähner-Rombach einer sehr spezifischen Randgruppe zu und macht ihren Untersuchungsgegenstand gleichzeitig handhabbar. Das ist legitim und Hähner-Rombach begründet ihre Selektion auch detailliert und ausgiebig.

Es handelt sich hier um eine gut lesbare (obwohl der Begriff „Gesundheitsprävention“ [38] zu überdenken wäre), klar strukturierte und breit recherchierte Studie, die die Rechtsgeschichte der Petitionen ebenso einbezieht wie Ausführungen zu der Arbeitsweise des Petitionsausschusses in Baden-Württemberg. Außerdem werden alle an den Petitionsausschuss des Landtags ergangenen Petitionen eingangs quantitativ ausgewertet, wobei Hähner-Rombach verdeutlicht, nach welchen Kriterien und in welche Kategorien sie diesen Quellenbestand geordnet und ausgewertet hat. Von elf vorhandenen Petitionsgruppen stellte, so Hähner-Rombach, die Gruppe der Strafgefangenen die qualitativ und quantitativ umfangreichste dar. [End Page 471]

Dieser ausführlichen Beschreibung und Kategorisierung des Quellenbestands folgt eine detaillierte Darstellung des Themenbereichs Gesundheit im Gefängnis, die sich unter anderem auch mit der Rolle und den Arbeitsbedingungen des Amtsarztes befasst. Hähner-Rombach gelingt damit eine umfassende Kontextualisierung der zu untersuchenden Petitionen. Der Analyse der Petitionen der Strafgefangenen selbst ist fast ein Drittel des Buches gewidmet. Die Petitionen wurden einerseits anhand der gedruckt vorliegenden Zusammenfassungen der Petitionen und andererseits anhand einzelner erhaltener Originalakten untersucht, wobei Hähner-Rombach ihrer These von Krankheit als Ressource und Gesundheit als Instrument anhand einer Auswahl exemplarischer Petitionen spezielle Aufmerksamkeit schenkt.

Leider beschränkt sich der in der Einleitung angekündigte Vergleich von Zusammenfassung und Originalakte auf eine, wenn auch detaillierte, Analyse der exemplarisch ausgewählten Originalakten. Das kurze Fazit fasst Ergebnisse zusammen, wobei ein...

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