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Reviewed by:
  • Toward Fewer Images: The Work of Alexander Kluge by Philipp Ekardt
  • Kaspar Renner
Toward Fewer Images: The Work of Alexander Kluge. By Philipp Ekardt. Cambridge, MA: MIT Press, 2018. xxxi + 448 pages + 212 b/w illustrations. $45.00.

Die Kluge-Forschung hat in den letzten Jahren zweifellos ein neues Reflexionsniveau erreicht. In der deutschsprachigen Forschung dokumentierte dies zuletzt eindrucksvoll Dorothea Walzers Monographie Arbeit am Exemplarischen: Poetische Verfahren der Kritik bei Alexander Kluge (Paderborn 2017), die Kluges Film- und Fernseharbeiten auf ihre poetischen Verfahren der Kritik befragt, die als Problematisierung des Verhältnisses von Allgemeinem und Exemplarischem rekonstruiert werden, mit besonderem Blick auf die Interviews. Philipp Ekardts 2018 in englischer Sprache publizierte Monographie, die auf seine Dissertation zurückgeht und über viele Jahre hinweg in Berlin, New Haven, Paris und London erarbeitet wurde, wird nun ebenfalls neue Maßstäbe setzen. Schon in der Vorrede wird das besondere analytische Potenzial von Ekardts Ansatz deutlich. Alexander Kluges Werk, das Ekardt dezidiert in seiner kaum übersehbaren Gesamtheit in den Blick nimmt, wird hier als Paradigma künstlerischer Produktion im 20. und 21. Jahrhundert begriffen, wobei das orientierende Werkkonzept in dreifacher Hinsicht differenziert wird: Es bezieht sich nicht nur 1) auf einzelne Werke, seien es theoretische oder literarische Texte, Film- oder Fernseharbeiten, oder deren 2) Integration in ein Gesamtwerk, das sichtbar zu machen die werkpolitische Absicht der von Kluge herausgegebenen DVD-Kollektionen ist, sondern es stellt letztlich darauf ab, 3) Verfahren und Prozess der künstlerischen Arbeit selbst zu rekonstruieren: Die blickleitende These ist, dass Kluges ,,work" sich als kontinuierliches ,,re-working" beschreiben lässt, also darauf beruht, dass bestimmte Probleme, Topoi und Leitmotive, die sich schon in den ersten Arbeiten identifizieren lassen, immer wieder aufgenommen und nach den Gesetzen von Differenz und Wiederholung variiert werden (xvi–xvii). Programmatisch wird dies im ersten Kapitel des Buchs vorgeführt, das gleichsam mikrophilologisch nachvollzieht, wie eine zentrale Frage von Kluges Arbeit, nämlich das Problem, wie Licht und Zeit im Medium von Kino und Architektur dargestellt werden können, textuell und filmisch immer wieder neu ins Bild gesetzt wird, vom frühen Kurzfilm Brutalität in Stein von 1960 bis zum Spielfilm Die Macht der Gefühle von 1983, um dann in den Geschichten vom Kino von 2007 erneut aufgenommen und in einer Reihe von Anekdoten illustriert zu werden (3–34).

Die Logik der Verknüpfung, die Kluges Arbeiten entwickeln, um werkübergreifende Zusammenhänge zu stiften, bezieht Ekardt dabei völlig plausibel auf das filmische Prinzip der Montage, das Kontinuität durch Unterbrechung herstellt. Überaus instruktiv ist die filmgeschichtliche und -theoretische Kontextualisierung von Kluges Montagetechnik, die im zweiten Kapitel der Arbeit vorgenommen wird: Den Ausgangspunkt bildet hier Kluges groß angelegte DVD-Arbeit Nachrichten aus der ideologischen Antike von 2008, die aus einer kreativen Fortschreibung von Eisensteins Projekt hervorgeht, Marx' Kapital zu verfilmen. In kritischer Differenzierung der bisherigen Forschung argumentiert Ekardt, dass Kluge von Eisensteins Konzept der Montage insofern abweicht, als hier nicht die Kollision gegensätzlicher Bilder im Vordergrund steht, durch die bestimmte, quasi-begriffliche Konzepte zur Darstellung gebracht werden sollen; vielmehr wird die Nähe zu Vertovs Theorie des Intervalls [End Page 147] betont, die darauf abstellt, die räumliche und zeitliche Distanz zwischen verschiedenen Bildern sichtbar zu machen, um zugleich konstruktive Beziehungen und Verbindungen herzustellen (66). Letztlich entwickelt Ekardt jedoch die hochinteressante These, dass Kluge sich von diesen beiden ,klassisch' gewordenen Paradigmen durch eine metareflexive Wendung abhebt: Wie bei Godard, dessen Histoire(s) du Cinéma von 1988 bis 1998 eine wichtige Inspirationsquelle für die Geschichten vom Kino waren, werde die Montage bei Kluge letztlich vom Verfahren zum Gegenstand der Bildproduktion, also selbst zum Objekt theoretischer wie praktischer Filmarbeit (71). Dass Techniken der Montage für Kluge schließlich nicht auf das filmische Medium beschränkt sind, sondern ein generalisiertes Verfahren der Analyse und Kritik sozialer, kultureller und politischer Verhältnisse und ihrer Repräsentation darstellen, erhellt ein Exkurs zu Kluges Zentralkategorie des ,,Zusammenhangs", wie sie in Kluges und Negts Geschichte und Eigensinn begründet wird (72–80). Deutlich wird hier erneut die besondere Stärke von Ekardts Ansatz, die enge Verknüpfung von theoretischem Diskurs und ästhetischer Praxis bei Kluge herauszuarbeiten.

Neben teilweise schon klassisch gewordenen Spielfilmen wie Macht...

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