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  • Figurationen von Kunst, Musik, Film und Tanz. Intermedialität bei Libuše Moníková by Helga G. Braunbeck
  • Michaela Trenner-Haberkorn
Figurationen von Kunst, Musik, Film und Tanz. Intermedialität bei Libuše Moníková. Von Helga G. Braunbeck. Bielefeld: Aisthesis, 2018. 382 Seiten + 16 farbige Abbildungen. € 38,00.

Das neue Buch von Helga Braunbeck ist ein Meilenstein der Forschung zur Prager Autorin Libuše Moníková, deren Bücher sicher zu den facettenreichsten und anspruchsvollsten im Kanon der deutschsprachigen Literatur zählen. Schon in früheren Publikationen beschäftigte sich Braunbeck mit Aspekten der Intermedialität bei Moníková; hier legt sie nun eine umfassende und systematische Darstellung des Themas vor. Sie zeigt auf, wie Moníková ihre Romane und Essays und auch ihren Fernsehfilm als Mosaik aus Zitaten, Referenzen oder Simulationen anderer Werke und Medien konstruiert. Darüber hinaus wird Moníkovás Werk in der Postmoderne verankert.

Der wissenschaftlichen Studie vorgeschaltet ist der kurze Originaltext Zwerge und Riesen, den Moníková 1994 als Mainzer Stadtschreiberin verfasste und der mit Holzschnitten von Bettina van Haaren illustriert wurde. Dieser war bislang kaum verfügbar und wird durch den Abdruck hier erstmals einem breiteren Publikum vorgestellt. Moníkovás Gedankenspiel über die Zwerge, die auf den Schultern von Riesen einen weiterreichenden Blick erlangen, eignet sich insofern als ein gelungener Einstieg in die Interpretation ihres Œuvres, weil er auf feinsinnige Weise bereits auf die für diese Studie zentralen Begriffe der Intertextualität und Intermedialität verweist.

Das Konzept der Intermedialität stellt einen vielversprechenden Forschungsansatz dar, um zu erhellen, wie die Transposition von primär nicht-sprachlichen Artefakten in das Medium der Sprache erfolgt. Braunbeck stützt sich bei ihren Analysen auf die Begrifflichkeiten und Definitionen des Musikwissenschaftlers Werner Wolf und der Literaturwissenschaftlerin Irina O. Rajewsky und diskutiert auch den Intermedialitätsbegriff des Medienwissenschaftlers Joachim Paech. Die vorliegende Untersuchung zielt darauf ab, intermediale Referenzen und Simulationen zu identifizieren und zu beschreiben und ihre Bedeutung für Moníkovás Werk herauszuarbeiten: Indem Moníková bildende Kunst, Musik, Film und Tanz in ihre Texte einflicht, gelingt ihr die Entgrenzung und Vernetzung ihrer Literatur hinein in andere Künste. Braunbeck bezeichnet die Präsenz der intermedialen Markierungen und Referenzen auf Artefakte im jeweils anderen Medium als Markenzeichen der Textgestaltung bei Moníková und weist die Intermedialität als zentrales ästhetisches Prinzip und Verfahren der Schreibweise Moníkovás nach. Auch intertextuelle Bezüge werden auf der Folie der von Michail Bachtin, Julia Kristeva und Gérard Genette entwickelten Intertextualitätstheorien aufgezeigt, insbesondere dort, wo intertextuelle und intermediale Verfahren komplementär sind und sich unterstützen.

Nachdem Braunbeck im ersten Kapitel die der Studie zugrunde liegenden Theorien zur Intermedialität vorgestellt und diskutiert sowie einen kurzen Forschungsüberblick gegeben hat, widmet sie sich im zweiten Kapitel den ekphrastischen Repräsentationen der bildenden Kunst in Moníkovás literarischen Texten. In ihnen findet sich ein breites Spektrum an Ausdrucksformen der (bildenden) Kunst, an denen unterschiedliche Themen wie das Verhältnis von Bild und Wort oder auch die politischen Implikationen wie das Lavieren der Prager Künstler*innen zwischen Staatskunst und Dissident*innenkunst durchgespielt werden. Im Zentrum der Analyse stehen die Romane [End Page 169] Die Fassade und Der Taumel, deren Protagonist*innen auf reale Vorbilder aus der Prager Kunstszene verweisen, welche das Spannungsverhältnis zwischen einer repressiven Politik einerseits und künstlerischem Autonomiestreben und freier Entfaltung andererseits ausloten. Die literarische Gestaltung der Fassade als Allegorie und Palimpsest wird hier als Leitmotiv eingesetzt.

Das dritte Kapitel befasst sich mit der Transposition von Musik in Moníková Texten. Dazu gehören Zitate von Musiktiteln in Buchtiteln wie beispielsweise in Pavane für eine verstorbene Infantin und Verklärte Nacht oder die Bedeutung von Klängen, Musikstücken, Liedern und akustischen Medien für die Protagonisten und die Romanhandlung wie im Roman Die Schädigung. Die Autorin gibt aufschlussreiche Einblicke in die Reflexionen Moníková über das Verhältnis von Sprache und Musik, über die gesellschaftlich-politische Codierung der Stücke Smetanas und Janáčeks oder auch der Songs der Beatles sowie über literarische Techniken der Umsetzung von Hörerlebnissen und synästhetischen Erfahrungen. Es geht also hier nicht nur um die jeweils eingesetzten Musikreferenzen...

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