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Reviewed by:
  • Refugees Welcome? Difference and Diversity in a Changing Germany ed. by Jan-Jonathan Bock and Sharon Macdonald
  • Karolin Machtans
Refugees Welcome? Difference and Diversity in a Changing Germany. Edited by Jan-Jonathan Bock and Sharon Macdonald. New York: Berghahn, 2019. Pp. xi + 345. Paper $34.95. ISBN 978-1789201352.

Während des Höhepunkts der sogenannten Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 kamen laut Berechnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge [End Page 227] mehr als eine Million Asylsuchende nach Deutschland. Damit nahm Deutschland mehr Asylsuchende auf als jedes andere europäische Land. Während Bilder der deutschen "Willkommenskultur" im Fokus der deutschen und internationalen Medienberichterstattung standen, löste der starke Anstieg der Asylzugangszahlen sehr bald Debatten um den Umgang mit der wachsenden Diversität der Gesellschaft aus. So konstatierte Angela Merkel, deren optimistische Parole "Wir schaffen das!" bereits 2015 auf Skepsis gestoßen war, in ihrer Regierungserklärung vom März 2018, die deutsche Gesellschaft sei gespalten und die Stimmung polarisiert. Die jüngsten Wahlerfolge der Alternative für Deutschland (AfD) besonders im Osten der Bundesrepublik bestätigen diese Einschätzung.

Auf diese Ereignisse und Debatten reagiert der von Jan-Jonathan Bock und Sharon Macdonald Anfang 2019 erschienene Band, der die erste grundlegende englischsprachige Einführung in die Thematik darstellt. Aus anthropologischer, soziologischer und politikwissenschaftlicher Perspektive beleuchten die Beiträger die seit Ende des Zweiten Weltkriegs größte Flüchtlingsbewegung nach Deutschland, die die Herausgeber im Klappentext treffend als "the most significant and contested social change since German reunification in 1990" bezeichnen.

In ihrer Einleitung geben Bock und Macdonald eine prägnante, umfassende Einführung in die Themenfelder, vor deren Hintergrund die Reaktionen auf die Ankunft von mehr als einer Million Asylsuchender in Deutschland einzuordnen ist: die deutsche Migrationsgeschichte vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, politische und juristische Debatten und Entscheidungen zu Migration, Integration und Staatsbürgerschaft seit den 1970er Jahren sowie aktuelle Diskussionen um Fragen von (nationaler) Identität, Diversität und Zugehörigkeit in Deutschland. Es geht den Herausgebern also nicht nur um die aktuellen Ereignisse der Jahre 2015–2016, sondern außerdem um längerfristige Entwicklungen und Debatten, die derzeit in Deutschland und Europa geführt werden. Klar, detailliert und verständlich geschrieben, spricht diese Einführung ein sehr breites Fachpublikum an und eignet sich optimal auch für den Einsatz im Unterricht mit Studierenden verschiedenster Fachbereiche.

Der Band ist in vier Teile gegliedert, wobei sich laut Herausgebern Teil 1 und 2 mit längerfristigen Entwicklungen in Deutschland beschäftigen, während sich Teil 3 und 4 konkret mit der aktuellen "Flüchtlingskrise" der Jahre 2015–2016 auseinandersetzen. Im ersten Teil sind besonders Uli Linkes Reflektionen über die aktuelle Rolle deutscher Sprachpolitik in der Gewährung bzw. Verweigerung des Zugangs zu Sprachkursen und die Voraussetzung eines bestimmten Sprachniveaus für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft hervorzuheben. In Anlehnung an Etienne Balibar spricht Linke von einer "racialization of language" und einer "verbalization of race" (55)—ein Diskriminierungsmerkmal, das in der Forschung bislang noch zu wenig Beachtung findet. Friedrich Heckmanns Artikel untersucht Konzepte auf bundes-, länder- und kommunalpolitischer Ebene, die auf die Heraus-forderungen [End Page 228] der wachsenden Diversität in Deutschland antworten, während Gökce Yurdakuls Beitrag anhand der Beschneidungsdebatte überzeugend die anhaltende Stigmatisierung religiöser Minderheiten in Deutschland thematisiert.

Im zweiten Teil ist besonders Naika Foroutans Plädoyer gegen eine Festlegung von Menschen auf die Migrationsbiographien ihrer Vorfahren ("mit Migrationshintergrund"), auf die sie mit dem Konzept einer postmigrantischen Gesellschaft antwortet, wegweisend für zukünftige Arbeiten. Petra Kuppingers anthropologische Bestandsaufnahme interkultureller Iftar-Feiern und anderer Beispiele muslimischer Kreativität in Stuttgart lässt sich als Gegengewicht lesen zu Carola Tizes und Ria Reis's weniger optimistischen Studie über die Identitätsentwürfe von Kindern und Enkeln ehemaliger "Gastarbeiter" in Berlin-Neukölln, die sich weiterhin nicht als Deutsche bezeichnen, sondern sich stärker mit ihrem Stadtteil identifizieren.

Die Gegenüberstellung der auf tief verankerten rassistischen und kolonialistischen Interpretationsmustern basierenden "moralischen Panik" um die Ereignisse der Sylvesternacht 2015 (Kira Kosnick) mit Serhat Karakayalıs sorgfältiger Analyse der deutschen Willkommenskultur veranschaulicht die beiden Pole, zwischen denen sich die Reaktionen auf die Ankunft der Flüchtlinge bewegen. Diese...

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