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Reviewed by:
  • Witness Between Languages: The Translation of Holocaust Testimonies in Context by Peter Davies
  • Thomas Fuhr
Witness Between Languages: The Translation of Holocaust Testimonies in Context. By Peter Davies. Rochester, NY: Camden House, 2018. x + 254 pages. $90.00 hardcover, $55.00 e-book.

Peter Davies beleuchtet in Witness Between Languages die vielfältige Rolle von Übersetzung im Kontext von Holocaust-Zeitzeugnissen. Das Thema des Bandes ist zwischen verschiedenen Diskursen angelegt—denen der Holocaust-Studien und ihnen angrenzenden geisteswissenschaftlichen Teildiskursen einerseits und übersetzungswissenschaftlichen Diskurssträngen andererseits. Obwohl Witness Between Languages verschiedene Aspekte und Themengebiete behandelt, erleichtern die zahlreichen Textpassagen aus den Originaltexten und den jeweiligen Übersetzungen das Verständnis auch für nicht in beiden Wissenschaftsdiskursen bewanderte Leser*innen.

Davies' prinzipielle Sicht auf die Tätigkeit von Übersetzer*innen, die er in den ersten beiden Kapiteln einführend darstellt, ist erfrischend positiv: er würdigt die Möglichkeiten sowie Erfolge von Übersetzer*innen, ohne deren Leistungen sich das Wissen um die im Holocaust begangenen Gräueltaten sowie über das Ausmaß der vernichtenden Unmenschlichkeit nicht hätte entwickeln können. Insbesondere Übersetzungen von Zeitzeugnissen ins Englische hätten bei der Verbreitung von Informationen und der Bewusstseinsbildung über den Holocaust eine entscheidende Rolle gespielt. Dennoch warnt Davies mit Emmanuel Levinas vor Universalisierungsversuchen einer spezifisch jüdischen Perspektive auf die Erfahrung unsagbarer Leiden. Pragmatisch argumentiert Davies wiederum gegen das Diktum der Unrepräsentierbarkeit, dass in den ursprünglichen Zeitzeugenberichten die erste Repräsentation des Holocausts bereits stattgefunden habe, wenn die Überlebenden selbst ihre traumatischen Erfahrungen in Worte fassten. Jede später erfolgende Übersetzung dieser Originalzeugnisse in andere Sprachen rekonstruiere lediglich die bereits in Sprache übersetzte Repräsentation erlebten Grauens.

Durch Davies' Brückenschlag zwischen Holocaust- und Übersetzungs-Studien entstehen für sein Vorhaben Besonderheiten, die in beiden Einzeldiskurslandschaften derart nicht vorkommen. So werde es in neueren Diskursen als Stärke angesehen, dass die Übersetzung eines Textes unumgänglicherweise dessen re-functioning oder recreation bedeutet. Wenn aber davon ausgegangen würde, dass die Übersetzung eines [End Page 645] Holocaust-Zeitzeugnisses eine Begegnung der Leser*innen mit der erzählten Erfahrung eines Individuums ermöglichen soll, dann suggeriere diese Prämisse, dass die Übersetzung eine originalgetreue Rekonstruktion sein soll und keine Umfunktionierung oder Neuschaffung des Originaltexts. Wem oder was die/der Übersetzer*in sich hierbei zur Treue verpflichtet fühlt, ist eine der zentralen Herausforderungen, auf die Witness Between Languages aufmerksam macht, ohne jedoch ein allgemein gültiges Rezept anzubieten. An Beispielen veranschaulicht Davies die fein nuancierten psychologischen Implikationen, die mit dem jeweiligen übersetzerischen Fokus einhergehen. Diese detaillierten Analysen sind in der Regel gut nachvollziehbar, dabei meistens verblüffend darin, wie sie textbezogen unterschiedliche Formulierungen kontrastieren und deren Effekte darstellen.

Davies arbeitet diverse Faktoren heraus, die sich auf die Texte selbst, ihre Aufbereitungen und Übersetzungen sowie die spezifischen nationalen Leseerwartungen auswirken. Aussagen in Originaltexten sowie ihren Übersetzungen sollten demnach im Diskursgeflecht verstanden werden, in dem sie entstehen und auf das sie abzielen. Auf Theo Hermans' Kritik am Prinzip der supremacy of the original aufbauend, sei jede Übersetzung nicht ausschließlich im Hinblick auf eine als ,,originalgetreu" verstandene Äquivalenz-Beziehung zum Ausgangstext zu bewerten, sondern als eine diskursbezogene Übertragung zu verstehen, die man für sich und im Kontext analysieren kann. Die Vorstellung einer solchen Äquivalenz-Beziehung—derzufolge Texte etwas wesentlich Unabänderliches beinhalten, welches unabhängig ihres Sprachausdrucks existiere und dadurch dessen Übersetzen in andere Sprachen ermögliche—stellt Davies in Frage: Wenn man von einer generellen Überlegenheit dessen, was man als Originaltext versteht, ausgeht, könne man als Übersetzer*in nur verlieren. Stattdessen betont Davies die Rolle von Herausgeber*innen und Leseerwartungen bei der (Re-)Konstruktion der Stimme der Zeitzeugin bzw. des Zeitzeugen sowie die ethische Problematik, diesen in der Übersetzung gerecht werden zu wollen.

Falls Leser*innen von Holocaust-Zeitzeugnissen sich mit der Stimme des erzählenden Opfers identifizieren und gewissermaßen zum multiplizierenden ,,secondary witness" des Beschriebenen werden sollen, dann gilt es fü Übersetzer*innen, das Gefühl einer authentischen Begegnung mit der Stimme des Erzählers oder der Erzählerin zu erhalten. Klärende Kommentare, die auf extradiegetische Hintergründe verweisen und die Übersetzung bewusst ,sichtbar' machen, können die Identifikation mit der Erzähler*innenstimme des Opfers eher st...

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