Abstract

Abstract:

Ausgehend von einem Fallbeispiel widmet sich dieser Beitrag dem Verhältnis von Zirkus und Theater im späten 19. Jahrhundert. Ab etwa 1850 entwickelte sich der Zirkus in Deutschland zu einer erfolgreichen Kulturinstitution, die für das bürgerliche Kunsttheater ab den 1870er Jahren eine bedrohliche Konkurrenz darstellte. Deshalb gingen insbesondere die Bühnenorganisationen Deutscher Bühnenverein und Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehö-riger sowie Theaterverfechter*innen nicht nur auf diskursiver, sondern auch auf politischer Ebene gegen die Zirkusse vor. Durch ihre Lobbyarbeit erzielten sie Veränderungen des öffentlichen Theaterrechts, die sich einerseits in einer Vorrangstellung der eigenen Theaterform und andererseits in einer Benachteiligung der zirzensischen Künste materialisierten. Die in den damaligen Theaterdebatten geläufigen Diffamierungen des Zirkus sowie sein juristisch festgeschriebener, minderwertiger Status prägen nicht nur bis heute das gängige Zirkusbild. Sie sind zudem mitverantwortlich für die Abwesenheit des Zirkus in (theater)wissen-schaftlichen Debatten wie auch im System der förderungsberechtigten Künste.

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