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Reviewed by:
  • Kafkas narrative Verfahren by Harald Neumeyer und Wilko Steffens
  • Silke Schwaiger
Harald Neumeyer und Wilko Steffens, Hrsg., Kafkas narrative Verfahren. Band 3. Kafkas Tiere. Band 4. Forschungen der Deutschen Kafka-Gesellschaft. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2015. 509S.

Harald Neumeyer und Wilko Steffens gaben bereits 2013 einen Doppelband (Band 1 und 2) mit Tagungsbeiträgen der Deutschen Kafka-Gesellschaft zu den Themen “Kafkas Betrachtungen” und “Kafka interkulturell” heraus. 2015 folgt nun ein weiterer umfangreicher Doppelband (Band 3 und 4) im Verlag Königshausen & Neumann mit Aufsätzen zur aktuellen Kafka-Forschung. Im Fokus der Auseinandersetzung stehen Kafkas narrative Verfahren sowie Kafkas Tiere.

Was der Schriftenreihe zum Leidwesen der interessierten LeserInnen fehlt, ist eine Einleitung zu den beiden Themenschwerpunkten bzw. eine thematische Hinführung zum gewählten Forschungsinteresse und eine damit verbundene Zusammenführung der Beiträge. Das eher knapp auf etwas über einer Seite ausfallende Grußwort von Wilko Steffens, Präsident der Deutschen Kafka-Gesellschaft, das eine Art Vorwort darstellt, ersetzt diese nicht. Die Zusammenstellung der Beiträge im dritten Band wirken daher zum Teil disparat. Einige der Aufsätze würden sich thematisch durchaus in den nachfolgenden Band einreihen, verbinden sie doch Kafkas Poetologie mit biologistischen und zoologischen Kontexten und Studien. Der dritte Band “Kafkas narrative Verfahren” widmet sich der Poetik und geht der Frage nach, welche Konsequenzen narrative Strategien für die Darstellung der erzählten Inhalte und für das Verständnis der Texte durch die LeserInnen haben. Untersucht werden dabei Strategien wie Symbolisierung, Zitation, Intertextualität und Iterativität. Mit letzterem, dem iterativen Erzählen, einem erzähltechnischen Verfahren der Zeitgestaltung in literarischen Texten (ein Begriff, der von Gérard Genette eingeführt und geprägt wurde), setzt sich etwa Michael Niehaus auseinander. Obwohl Kafkas narrative Verfahren in den letzten vierzig Jahren häufig Gegenstand literaturwissenschaftlicher Forschung war, erweitern die Beiträge die Diskussion und ergänzen sie mit neuen Perspektiven auf Kafkas Werk. Claudia Hillebrandt beispielsweise geht in ihrem Beitrag dem emotionalen Wirkungspotential von Kafkas Texten nach. Hillebrandt zeigt anhand des Textes Das Urteil, dass Kafka in seinem Schreiben auf eine emotionale Wirkungsabsicht abziele und bewusst narrative Verfahren der Spannung, “der Evokation von Desorientierung und des stetigen Wandels der figurenbezogenen Emotionen” (71) einsetzt. Bereits als Andeutung [End Page 165] auf das Thema des nachfolgenden Tagungsbands finden sich einige Beiträge, die Kafkas Tiergeschichten fokussieren, jedoch unter dem Fokus der Poetologie: Kári Driscoll etwa stellt anhand des frühen und im Vergleich zu anderen Erzählungen eher unbekannten Prosafragments Erinnerungen an die Kaldabahn (1914) Überlegungen zu Kafkas Zoopoetik an und geht der Beziehung Tier-Schrift nach. Auch Klaus Wiehl widmet sich Kafk as “Poetologie der Biologie” und setzt zeitgenössische Studien des Biologen und Zoologen Jakob von Uexküll in Bezug zu Kafkas Werk. Nach einer Auseinandersetzung mit Uexkülls Umweltlehre geht Wiehl der These nach, dass Kafk as Erzählung Forschungen eines Hundes (1922) “sowohl auf inhaltlicher als auch auf struktureller Ebene eine Verhandlung der biologischen Poetologie” darstelle (216). Anhand von ausgewählten Textbeispielen illustriert Wiehl anschaulich die Verflechtung von naturwissenschaftlicher und literarischer Diskurse. Wiehls Beitrag schließt den dritten Tagungsband und ist zugleich eine Art Überleitung zum vierten: “Kafk as Tiere”.

Dieser knüpft an das junge und interdisziplinär ausgerichtete Forschungsfeld der Human-Animal Studies bzw. dem aus den Geistes-und Kulturwissenschaften kommenden Cultural and Literary Animal Studies an. Ziel dieses Bandes sei, so Wilko Steffens in seinem Grußwort, “die Tier-Geschichten Kafkas in ihren zeitgenössischen Kontexten der Evolutionstheorie, Biologie und Zoologie sowie der Tierexperimente und der Tierphonographie zu erörtern” (5). Augenscheinlich sind die vielen Tiere, die Kafka in seinem Werk versammelt, wie etwa Schakale (Schakale und Araber), Affen (Ein Bericht für eine Akademie), Hunde (Forschungen eines Hundes), Käfer (Die Verwandlung), Pferde (Wunsch, Indianer zu werden), Ratten (Erinnerungen an die Kaldabahn) oder Mäuse (Kleine Fabel, Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse). “Kafkas Tiere” ist also ein sehr reiches Forschungsfeld, dem die in dem Sammelband befindlichen Aufsätze durchaus gerecht werden und mit ihrer Fokussierung auf Cultural and Literary Animal Studies neue Fragestellungen generieren und spannende Perspektiven auf Kafkas Werk eröffnen. Roland Borgards etwa stellt seiner Analyse die auf...

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