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Reviewed by:
  • Literarische Ökonomik ed. by Iuditha Balint and Sebastian Zilles
  • Peter C. Pfeiffer
Literarische Ökonomik. Edited by Iuditha Balint and Sebastian Zilles. Paderborn: Fink, 2014. Pp. 180. Paper €29.90. ISBN 978-3770554980.

Dieser schmale Band möchte als Bestandsaufnahme des Forschungsstands zur literarischen Ökonomik verstanden werden und sieht sich als Beitrag, die zu Recht ausgemachte Forschungslücke in der diachronen Untersuchung dieses Wissensbereiches zu schliessen. Wie sieht es nun damit aus? Die Herausgeber geben einen knappen und bruchstückhaften Überblick über die Forschungsgeschichte des Themas “literarische Ökonomik” (Balint) und eine Zusammenfassung der folgenden neun Artikel (Zilles). Von den substantiellen Beiträgen sind zwei eher Gelegenheitsarbeiten, die eine als eine Art Tischrede erkennbar und aus unerfindlichen Gründen aus zwei verschiedenen Ausgaben des Faust II zitierend (Jochen Hörisch über Goethe, den Wein und das Geld—anregend, wie könnte es bei einem solchen Thema auch anders sein?), die andere ein Hinweis, dass Goethes Wanderjahre auch als Wirtschafts-roman zu lesen sei (Hans Christoph Binswanger). Das wissen wir nun schon sehr viel umfassender durch André Lottmanns Buch Arbeitsverhältnisse aus dem Jahre 2011. (Dieses Buch wie auch z. B. Money Matters [2008] von Richard T. Gray und Der Ich-Effekt des Geldes [2008] von Fritz Breithaupt fehlen im einleitenden Forschungsüberblick.) Zwei weitere Beiträge sind mehr oder eher weniger überarbeitete Aufsätze, die an anderen, gut zugänglichen Stellen auch schon zu lesen waren (Josef Vogl zur romantischen Ökonomie und Bernd Blaschkes Aufsatz zu Zolas “Spekulation zum [End Page 161] notwendigen Exzess”). Wie mit solchen Dingen eine Forschungslücke geschlossen werden soll, ist nicht unmittelbar einsichtig.

Aber nun zu den anderen Beiträgen. Christina von Braun schlägt einen riesigen Bogen und zeichnet die gegenseitige Bezogenheit der Entwicklung von Schrift und Geld gleichsam von den Anfängen bis heute nach, dabei hervorhebend, dass es “der Abstraktionsprozess, die sich selbst generierenden Zeichen [sind], die es dem Geld erlauben, zum Subjekt der Geschichte zu werden … indem es sich der Subjekte bedient, die seine Gesetze realisieren” (42). Dass bei einem so weit ausholenden Ansatz einige Unschärfen auftauchen, muss nicht unbedingt stören. Wenn man dann aber liest, dass Fortsetzungsromane in Zeitschriften wie der 1853 gegründeten Gartenlaube überraschenderweise schon 70 Jahre vorher, nämlich 1780, Auflagen von 400.000 Exemplaren erreichten (30), dann muss man sich doch fragen, ob sich hier nicht die Abstraktionsprozesse ein wenig zu sehr von den Realia gelöst haben. (Die Gartenlaube erreichte 1861 erstmals eine Auflage von 100.000.) Uwe C. Steiners Beitrag zur “unbehausten Ökonomie” bei Hans Sachs und Grimmelshausen geht von Spruchgedichten und sogenannten “Dingbiographien” aus, in denen der Werdegang einzelner Objekte und damit auch die Gesellschaft, in der sie zirkulieren, beschrieben werden. Seine These eines “elementaren Statuswandel[s] der literarischen und der Dinge in der Wirklichkeit” (55) im 16. Jahrhundert entfaltet er detailreich und überzeugend, wobei er zu dem Schluss kommt, dass die Ablösung der hausväterlichen Ökonomie durch eine im Offenen (“Unbehausten”) betriebene einerseits einen grundsätzlichen Modernisierungsschub wiedergibt, dieser aber zugleich einer “frühe[n] Form der Modernekritik” (63) ausgesetzt ist. Ob es sich hier um Modernekritik oder nicht vielleicht auch um eine an die (hier unerwähnt bleibende) Kriegserfahrung gebundene handelt, sei dahingestellt. Nach den oben schon erwähnten Aufsätzen zur romantischen Ökonomie, zu Goethe und Zola, setzt sich Franziska Schössler ausführlich mit der Beschreibung weiblicher Arbeit (Sekretärinnen) in Romanen der Weimarer Republik auseinander. Sie greift dabei auf soziologische Konzepte wie emotionale und ästhetische Arbeit zurück und nimmt, was nicht selbstverständlich ist, aber sein sollte, auch die ausserdeutsche wissenschaftliche Diskussion wahr. Christine Künzel untersucht anschließend, “inwiefern sich sprach- und literaturwissenschaftliche Theorien des Fiktiven für die Analyse bestimmter Phänomene der Finanzwirtschaft nutzbar machen lassen” (144). Das lassen sie sich natürlich, nur, dass die Wirtschaftswissenschaften (mit Ausnahme der Wirtschaftssoziologie) das noch nicht wahrgenommen haben. Den Schluss bildet ein packender Aufsatz des Ökonomen Birger P. Priddat, der eine Reihe von Verbindungen zu Künzels Gedanken erlaubt. Priddat zeigt, wie in gewissen Bereichen der, wie man sagen möchte, real existierenden Wirtschaft selbst Literatur produziert wird. Dabei geht er genauer auf Werbung ein und, provokanter, auf die Genese von Derivaten, die...

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