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Reviewed by:
  • Ilija Trojanow ed. by Julian Preece
  • Michaela Trenner-Haberkorn
Julian Preece (ed.). Ilija Trojanow. Oxford et al.: Peter Lang, 2013. 209 pp. €52.70 (Paperback). ISBN 978-3-03430-894-6.

Ilija Trojanow zählt zu den großen deutschsprachigen Literaten und Intellektuellen unserer Zeit. Sein Themenspektrum umfasst die drängendsten gesellschaftlichen Fragen des 21. Jahrhunderts, beispielsweise die Freiheit des Individuums und (trans)kulturelle Identität, die Zerstörung der Umwelt oder die Bedrohung der Privatsphäre durch staatliche Überwachung. Bei Trojanow handelt es sich nicht um einen Schriftsteller im Elfenbeinturm, sondern um einen gesellschaftlich-politisch engagierten Künstler, der Stellung bezieht und sich für eine Vision von vielfältiger, kulturell lebendiger und von Austausch geprägter Globalität einsetzt. Wohl auch deshalb bildet die eigene Recherche vor Ort zur Überwindung scheinbarer Gewissheiten für ihn eine zentrale poetologische Kategorie. Zwar wurden seine Bücher bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, wissenschaftlich wurde sein Œuvre bisher allerdings nur in wenigen Teilen beleuchtet.

In dem vorliegenden Band 2 der englischsprachigen Reihe Contemporary German Writers and Filmmakers, die anhand exemplarischer Schriftsteller und [End Page 209] Filmproduzenten Schlaglichter auf die deutsche Kulturlandschaft seit der Wiedervereinigung wirft, wird Trojanows Schaffen nun endlich in seinen unterschiedlichen Facetten wahrgenommen und gewürdigt. Viele seiner Werke werden hier zum ersten Mal unter literaturwissenschaftlichen Fragestellungen erörtert und die Beiträge eröffnen so den künftigen wissenschaftlichen Dialog über diesen weltreisenden Sprachvirtuosen. Besonders schön ist, dass gleich nach den biographischen und bibliographischen Hinweisen und dem Vorwort Ilija Trojanow selbst zu Wort kommt: In einem Interview mit dem Herausgeber spricht Trojanow darüber, wie er in jungen Jahren zur Literatur und insbesondere zur deutschen Sprache, der Sprache seiner literarischen Prosa, fand, von welchen literarischen Einflüssen er maßgeblich geprägt wurde und wie er über einige seiner berühmt gewordenen Figuren aus den Romanen Der Weltensammler und Eistau denkt. Er reflektiert auch über die bisherige Kritik und einige Missverständnisse bezüglich seiner literarischen und politischen Werke und erinnert zum wiederholten Male an seine Überzeugung, dass es eine spirituelle Dimension des Menschen jenseits religiöser Zugehörigkeiten gibt. Es folgt der Abdruck, sowohl im Original als auch in der Übersetzung durch Seiriol Dafydd, eines bisher nicht veröffentlichten Vortrags, den Trojanow im Januar 2010 anlässlich der Lessingtage in Hamburg hielt: Weltbürgertum heute: Rede zu einer kosmopolitischen Kultur. Die prominente Ringparabel aus Lessings Drama Nathan der Weise dient hier als Ausgangspunkt einer Diskussion über die Werte der Aufklärung und das zukunftsweisende kosmopolitische Denken Lessings. Die Parallelen zwischen Lessing und Trojanow sind dabei nicht zu übersehen: Beide verstehen Literatur als Instrument der Aufklärung und teilen die Idee eines aufgeklärten Weltbürgertums, das kulturelle Vernetzungen als Ressource kreativ nutzt. Ohne Kulturkontakt und die daraus resultierenden Impulse kann es keinen zivilisatorischen Fortschritt geben. So lautet auch die anhand der Flussmetapher veranschaulichte These von Trojanows Kampfabsage: Kulturen bekämpfen sich nicht – sie fließen zusammen.

Die folgenden germanistischen Beiträge gingen aus Vorträgen auf einem Symposium an der Swansea University im Mai 2010 hervor, das den Titel trug: Blurring the Lines: Ilija Trojanow as Traveller, Essayist, Novelist. Cornelius Partsch beschäftigt sich in seinem Aufsatz „Autopol, Prison Privatisation and the Dystopian Turn in Contemporary Sci-Fi” mit Trojanows futuristischem Thriller Autopol, in dem die bedrückende Zukunftsvision eines totalitären Machtapparats gezeichnet wird, dem Medien und Politik apathisch gegenüberstehen. Dabei geht es nicht nur um die spannende und komplexe Handlung dieser Dystopie, sondern auch um die experimentelle Entstehung und die nicht-lineare, multiperspektivische Erzählstruktur. In ihrem Beitrag „The Hero as Language Learner: Biography and Metabiography in Der Weltensammler/The Collector of Worlds” widmet sich Caitríona Ní Dhúill Trojanows preisgekröntem Bestseller unter der Fragestellung der Metabiographie. Ní Dhúill zeigt, mit welchen vielseitigen literarischen Strategien, angefangen vom Motto des Romans bis hin zur Brechung durch die multiperspektivische Erzählweise, der Autor das Rätsel und das [End Page 210] Geheimnis um das Leben Burtons konsequent aufrecht erhält und auf der Metaebene eine Diskussion um die prinzipielle Möglichkeit der kulturellen Wandlung und des Eintauchens in fremde Welten anstößt. Im Beitrag „On the Road to Mecca with Trojanow...

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