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Reviewed by:
  • Einführung in die Dramenanalyse by Franziska Schößler
  • Katharina Pewny
• Franziska Schößler. Einführung in die Dramenanalyse. Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler Verlag, 2012, 277 Seiten.

Der vorliegende Band versammelt kanonische Zugänge zu der theaterund literaturwissenschaftlichen Dramenanalyse. Übersichtlich gegliedert, stringent aufgebaut und leicht zugänglich, bereichert er die vorhandene Literatur um einen transdisziplinären Beitrag.

Franziska Schößler ist Lehrstuhlinhaberin am Fachbereich Neuere deutsche Literaturwissenschaft der Universität Trier und publiziert seit der Jahrtausendwende kontinuierlich an der Schnittstelle der Literaturund Theaterwissenschaft. Unter Mitarbeit ihrer damaligen Assistent/ innen Christine Bähr und Nico Theisen hat sie die vorliegende Einführung gestaltet. In zehn Kapiteln sind darin analytische Zugänge zu historisch und gegenwärtig als zentral erachteten Elementen des Dramas versammelt. Die inhaltlichen Stationen Theatertext und Institution, Genres, Handlung, Figur, Sprache, Raum, Zeit, Diskursanalyse und deutsche Theatergeschichte sowie Theaterpädagogik werden durchwandert. Die Literatur und die Praxisbeispiele entstammen dem Kanon der internationalen wissenschaftlichen und ästhetischen Diskurse, das theaterhistorische Kapitel ist auf den deutschen Sprachraum ausgerichtet. In diesem Band werden sowohl Beispiele aus der Theaterund Dramengeschichte, als auch exemplarische Texte aus der Gegenwart verwendet. Dabei wird eine Brücke geschlagen vom Drama über postdramatische (Lehmann 1999) zu post-postdramatischen (Pavis 2010) Theatertexten. Die methodologischen Zugänge sind primär textanalytisch, zugleich eröffnen sie alle relevanten Ebenen von Inszenierungen und Aufführungen im institutionellen Rahmen des Theaters. Der Band ist daher beispielhaft für fokussierte, transdisziplinäre Perspektiven.

Im Folgenden wird beispielhaft das Kapitel “Zeit” besprochen, weil Temporalität im Drama ein vergleichsweise wenig untersuchtes Forschungsund Analysefeld darstellt (eine Ausnahme in der deutschsprachigen Theaterwissenschaft sind Birkenhauer/Storr 1998): Bühne und Inszenierung, Zeiterleben und Sprache, sowie ein vertiefender Exkurs zum historischen Kontext des Kostüms eröffnen die auf Zeit bezogenen Ebenen der Dramenanalyse (S. 177 f). Die Kongruenz oder Differenz von Spielzeit und gespielter Zeit (oder der Wechsel von Kongruenz und Differenz), ein zentrales Phänomen theatraler Zeitverhältnisse, steht im Fokus der anschließenden Überlegungen. Betont werden dabei die Phänomene der Zeitverknappung, wie sie etwa im Botenbericht vorgenommen werden, und der “Zeitdehnung”, die im ritualisierten Theater eines Robert Wilson oder eines Christoph Marthaler und in ebensolchen Performances (man denke an Marina Abramovic) von Bedeutung ist (S. 179). Zwar stehen Theatertexte nicht im Fokus dieser einleitenden Darstellung zur Zeitlichkeit des Theaters, diese bereiten allerdings durch die Darlegung der impliziten Differenz von Text und Aufführung, respektive gespielter Zeit und Spielzeit, die darauf folgende explizite Thematisierung von “Zeit im dramatischen Text” (S. 180–183) vor. Zeit und Raum, Zeitangaben im Nebentext, Zeitlosigkeit und historische Zeit bestimmen den inhaltlichen Rahmen der Analysevorschläge. Dem folgt wiederum ein vertiefender Exkurs, diesmal zum Historiendrama (S. 181). Historische Kontexte fungieren als Makroebene von Zeitanalyse im Drama, die Mikroebene der “Tagesund Kalenderzeit” wird ebenfalls bedacht: “Darüber hinaus können sowohl Tagesals Kalenderzeiten handlungsleitende und symbolische Funktionen übernehmen”(181). Der zitierte Satz ist exemplarisch für die Gleichzeitigkeit von Klarheit und Komplexität des vorliegenden Bandes, denn hier schreibt die Autorin explizit über die Bedeutung von Zeit in Drama und Theater und eröffnet dabei implizit poetologische Fragen (Aufbau des Dramas, Spannungsbogen und Dramaturgie), ebenso wie (post)semiotische Analysemodelle (Funktion von Zeichen in Theatertexten und Aufführungen). Das Tempo in Dramen von William Shakespeare, die Zeit im geschlossenen und offenen Drama, sowie die Zufallsdramaturgie in Gotthold Ephraim Lessings Emilia Galotti sind weitere Beispiele für mögliche Temporalitäten in/ von Theatertexten. Auch Elias Canetti und Samuel Beckett erscheinen in diesem Kapitel als kanonische Autoren, die interessante Zeitverhältnisse dramatisch gestalten (S. 182–192). So verflicht die Autorin dramenanalytische Fragen mit der Vorstellung des Kanons der Theatergeschichte. Vor der Bibliografie, die jedes Kapitel abschließt, steht – [End Page 227] und dies ist zentral – eine Liste möglicher Fragestellungen für die Aufführungsanalyse. So fragt die Autorin etwa: “Wie ist das Tempo des Dramas zu beschreiben (Aufund Abtritte der Figuren, Länge der Repliken)?”. Somit legt deutet sie an, daß und wie eine kanonische theaterwissenschaftliche Angelegenheiten wie die Aufführungsanalyse mit neueren wissenschaftlichen Diskursen, in dem Fall mit dem so genannten acoustic turn (Meyer 2008) der Theaterund Kulturwissenschaften, (siehe auch Roesner 2003, 2011, 2012), Hand in Hand gehen können.

Franziska...

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