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  • Bloch-Wörterbuch. Leitbegriffe der Philosophie Ernst Blochs by Beat Dietschy, Doris Zeilinger und Rainer Zimmermann
  • Klaus L. Berghahn
Bloch-Wörterbuch. Leitbegriffe der Philosophie Ernst Blochs. Herausgegeben von Beat Dietschy, Doris Zeilinger und Rainer Zimmermann. Berlin und Boston: de Gruyter, 2012. xxv + 744 Seiten. €229,00.

Dies ist kein Wörterbuch nach Art von Rudolf Eislers Kant-Lexikon, sondern ein Handbuch der “Leitbegriffe der Philosophie Ernst Blochs,” wie der Untertitel ergänzend festhält. Behandelt werden Grundbegriffe der Philosophie Blochs, wie sie schon in seinem opus magnum Das Prinzip Hoffnung (1959) thematisiert werden, um dann als Leitmotive sein Gesamtwerk zu strukturieren. Alphabetisch geordnet, werden in sechsundvierzig Kapiteln Blochs zentrale Kategorien kommentiert und historisch eingeordnet. Am Ende eines jeden Artikels wird die wichtigste Forschungsliteratur erwähnt, und es wird auf verwandte Grundbegriffe verwiesen, was zum Kreuz- und Querlesen einlädt.

Ernst Blochs Das Prinzip Hoffnung ist im Grunde auch keine Monographie im herkömmlichen Sinne, sondern ein Mosaik von in sich abgeschlossenen philosophischen Abhandlungen, das durch das Prinzip Hoffnung gleichsam als Zement zusammengehalten wird. Bloch zerfällt seine Grundbegriffe, um sie immer wieder in neue [End Page 525] Zusammenhänge einzuordnen. Dadurch entsteht ein Netzwerk von Querverbindungen, das den Grundgedanken der Hoffnung immer wieder neu formuliert und variiert. Das macht die Lektüre des Prinzip Hoffnung als Fundament des Gesamtwerkes so wichtig, und die Variationen der Leitmotive in anderen Werken Blochs vertiefen das Verständnis des Gesamtwerkes.

Das Vorwort, “Die Wörter Ernst Blochs” (v–viii), ist für den Anlass zu allgemein und konventionell geschrieben, als handle es sich um eine weitere Aufsatzsammlung zu Bloch. Schon der Anfang als Skizze der Erstrezeption Blochs ist viel zu kurz und dabei nicht einmal bündig. Bloch, den man im Osten wegekelte, wurde nach dem Mauerbau und seiner Übersiedlung nach Tübingen 1961 auch im Westen ein unbequemer Zeitgenosse, der sich in das politische Leben der Bundesrepublik einmischte: Proteste gegen die Notstandsgesetze, den Vietnamkrieg und Berufsverbote. Dazu findet man keinen Hinweis im Vorwort. Es stimmt einfach nicht, dass “Blochs Philosophie weder zu seinen Lebzeiten noch nach seinem Tode zureichend rezipiert worden” sei (v). Zugegeben, nach seinem Tode in Jahre 1977 wurde es merklich stiller um sein Werk. Aber angesichts der umfangreichen Literatur zu Blochs Leben und Werk, wie sie am Ende des Bandes auf nicht weniger als 50 Seiten (!) dokumentiert wird, ist der Satz, dass Blochs “philosophischem Gesamtentwurf bisher nicht die ihm gemäße Position eingeräumt” wurde, unhaltbar. Auch die Verknüpfung seiner Philosophie mit der europäischen Tradition auf knapp zwei Seiten ist viel zu kümmerlich, um auch nur andeutungsweise Blochs universellen Kenntnissen der Philosophiegeschichte von Aristoteles bis Leibniz, von Hegel bis Marx gerecht zu werden. Statt dessen hätte man sich als Einleitung eine biographische Skizze gewünscht, die das philosophische und politische Profil Blochs herausarbeitet, um seine Grundgedanken und Vermessungen mit seinem unruhigen Leben zu verbinden, in dem das Exil eine Lebensform war.

Das Handbuch ist Hans Heinz Holz, dem ersten Leipziger Doktoranden Blochs, gewidmet, und es verdankt dessen Monographie Logos spermatikos. Ernst Blochs Philosophie der unfertigen Welt (1975) viele Anregungen. Er selbst schrieb noch kurz vor seinem Tod im Jahre 2011 zwei grundlegende Beiträge zur “Metaphysik” und zum “Spekulativen Materialismus,” die zu den besten des Buches zählen. Denn wer hätte schon den Mut, bei dem Atheisten und Marxisten Bloch nach dessen Metaphysik zu fragen, oder ihn mit dem Paradox eines “spekulativen Materialismus” zu erklären? Beide Artikel sind mit der Souveränität des Fachmannes geschrieben, der sich Zeit seines Leben mit Bloch beschäftigt hat und am Ende seines Lebens die Summe seiner Lektüre zieht. Das macht die Artikel dicht und schwierig, erfordert eine wiederholte Lektüre, die unser Verständnis von Bloch bereichert.

Aber wie lässt sich dergleichen noch unter dem Lemma “Marxismus” einordnen und was für ein Marxismus ist das? Wolfgang Fritz Haug, der Herausgeber von Argument und eines Wörterbuchs des Marxismus, widmet ihm einen kenntnisreichen Artikel, in dem er zwischen einem dogmatischen und sich entwickelnden Marxismus unterscheidet. Bloch, der den Marxismus in seiner Jugend “als lebendige Kultur der sozialdemokratischen Arbeiterschaft vorfindet” (247) und ihn sich aneignete, bereicherte ihn im Laufe seines Lebens in...

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