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  • Transatlantische Verwerfungen—Transatlantische Verdichtungen. Kulturtransfer in Literatur und Wissenschaft 1945–1989 by Georg Gerber, Robert Leucht, und Karl Wagner
  • Gerd K. Schneider
Georg Gerber, Robert Leucht, und Karl Wagner, Hrsg., Transatlantische Verwerfungen—Transatlantische Verdichtungen. Kulturtransfer in Literatur und Wissenschaft 1945–1989. Göttingen: Wallstein Verlag, 2012. 416 S.

Es gibt eine Fülle von Veröffentlichungen zur Zeit zwischen 1945 und 1989, der Zeit des Kalten Krieges. Es gibt in dieser Periode nicht nur Verwerfungen und Verdichtungen zwischen den deutschsprachigen Ländern und den USA, [End Page 137] sondern auch in Deutschland und Österreich selbst. Und damit ist auch schon das Hauptanliegen dieses Konferenzbandes genannt. Der sogenannte Kalte Krieg ist zu einem Klischee geworden, eine Phrase, die den Eindruck erweckt, dass alle Ereignisse eine Gemeinsamkeit aufweisen. Dass dem nicht so ist, ist Thema des Bandes. Der Kalte Krieg weist viele Strömungen und Ströme auf, die nicht so eindeutig sind, wie es den Anschein hat.

Die AutorInnen untersuchen die Aufnahme der deutschsprachigen Texte in den USA und umgekehrt; welche Missverständnisse sich zwischen dem Transfer einer europäischen und amerikanischen Kultur ergeben, und was die Ansichten bekannter AutorInnen wie z.B. von Theodor Adorno, Günther Anders, Hannah Arendt, Bertolt Brecht, Arthur Koestler u.a. zu diesem transatlantischen Austausch sind. Welche Texte, geschrieben von deutschsprachigen wie auch von amerikanischen AutorInnen werden übersetzt? Ferner untersucht werden die Integrationsprozesse beider Kulturen—was wird in die jeweilige Kultur eingebunden? Dies ist eine sehr breite Palette von Themen, ein “weites Feld,” wie Fontane es nannte, das überzeugend nur in einer Anthologie behandelt werden kann, in der viele Ansichten zu Worte kommen. Eine solche Anthologie liegt hier vor. Zusammengefasst sind hier die Vorträge an der Universität Zürich, abgehalten im Oktober 2010. Vier der hier publizierten Beiträge wurden nicht auf dieser Konferenz präsentiert.

Der kulturelle Transfer österreichischer Bildungsbürger in die USA eröffnet diesen Sammelband (Christian Fleck). Thomas Fries untersucht die Wirkung deutsch-jüdischer Emigranten in die USA. Der Autor geht besonders der Frage nach, welche poetischen Mittel in diesen wissenschaftlichen Texten benutzt werden. Der nächste Beitrag von Werner Michler greift diese Gedanken auf und zeigt, wie Brecht nicht nur Schwierigkeit mit der Akkulturation in Kalifornien und Hollywood hatte, sondern auch in der Selektion einer der Situation angepassten Gattung. Auch Clara Maier stellt die Gattung in den Mittelpunkt ihres Beitrags, wobei sie die Entwicklung der Reportage vom Ende des Ersten Weltkriegs bis hin zur Literatur der Nachkriegszeit untersucht.

Die Geschichte des Totalitarismus und seine Änderung während des Kalten Krieges, angeführt im zweiten Teil “Die Paradoxie des Kalten Krieges,” ist Gegenstand der Untersuchung von Michael Rohrwasser, wobei er Hannah Arendts Origin of Totalitarianism (1951) anführt. Hannah Arendt ist auch Gegenstand in Karg Wagners Beitrag, der hauptsächlich das gespannte Verhältnis zwischen Adorno/Anders (und Jaspers) untersucht. Widersprüchlich ist [End Page 138] ebenfalls die Annahme der Motivanalyse des österreichisch-amerikanischen Psychologen und Marketing Experten Ernest Dichters (David Eugster).

Transatlantischer Literaturtransfer in die deutschsprachigen Länder ist Thema des dritten Teiles. Thomas Neumeyers Eingangsessay befasst sich mit der Lyrik Ilse Aichingers, die von Hartmut Crane beeinflusst wurde. Ulrich Johann Beils Beitrag widmet sich dem in Vechta geborenen Pop-Autor Rolf Dieter Brinkmann, der stark von dem Lebensstil und der Literatur der Beat Generation der 50er Jahre beeinflusst war. Diese freie Lebensansicht und Popkultur fand ihren Weg in das Deutschland der Adenauerzeit und inspirierte Brinkmann zu seinem dichterischen Werk, z.B. in seiner Übersetzung von Ashberys Gedicht “summer.” Die literarische Beziehung zwischen Elfriede Jelinek und Thomas Pynchon, und Jelinek als Ko-Übersetzerin von Pynchon ist Gegenstand von Robert Leuchts Beitrag, während Georg Gerber sich dem Werk William Faulkners widmet und seinen Einfluss auf die deutsche und Schweizer Literatur der 50er Jahre untersucht.

Das Thema “Schauplatz und Gegengeschichten” ist Gegenstand des vierten Teiles, wo die Frage gestellt wird, wie Europa und Nordamerika in der Literatur dargestellt werden. Dazu gehören die Ähnlichkeiten der Landschaftsdarstellung bei Adalbert Stifter und Arno Schmidt unter Einbeziehung des Kalten Krieges (Christian van der Steeg). Alexandra Kleihues zeigt die Verbindung nach den USA, inhaltlich und in der Form, anhand von Uwe Johnsons Roman Jahrestage. Amerikanische Formtranspositionen werden ebenfalls in Handkes...

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