In lieu of an abstract, here is a brief excerpt of the content:

Reviewed by:
  • Jews and Intermarriage in Nazi Austria
  • Beate Meyer
Jews and Intermarriage in Nazi Austria. By Evan Burr Bukey. Cambridge: Cambridge University Press, 2011. Pp. 216. Cloth $85.00. ISBN 978-1107002852.

Evan B. Bukey hat sich bereits früher mit Österreich nach dem „Anschluss“ an das deutsche Reich befasst. Mit seinem jüngsten Buch widmet er sich einer Forschungslücke, nämlich dem Verfolgungsschicksal der in Mischehe lebenden Juden und ihrer Nachkommen in Wien nach 1938. Die historische Forschung hat sich bisher mit diesen Gruppen eher am Rand befasst und hauptsächlich mit dem „Altreich“ beschäftigt. Bukey geht es dagegen um die Erfahrungen, die Juden in Mischehen in der „Ostmark“, d.h. konkret in Wien, sammelten.

Im Unterschied zu den preußischen Gebieten, waren Juden in Österreich „Neuankömmlinge“, die sich erst nach 1867 dort hatten niederlassen dürfen. In Wien lebten sie als eine von offenem und virulentem Antisemitismus umgebene, geschützte, aber isolierte Minderheit. Ein großer Teil war zudem aus Böhmen, Mähren oder Galizien zugewandert, d.h. sie waren—anders als die Mehrheit der Juden in Berlin, Hamburg oder Frankfurt—schon äußerlich als Juden erkennbar. Mischehen waren in Wien seltener als im „Altreich“, zumal vor 1918 eine solche Heirat die Konversion einer [End Page 198]der beiden künftigen Eheleute bedurfte. Zwischen 1919 und 1937 sollen ca. 17.000 Mischehen geschlossen worden sein, von denen nach der Volkszählung 1939, als fast alle österreichischen Juden nach Wien hatten übersiedeln müssen, noch 4.443 Paare dort lebten–eine verschwindend kleine Minderheit unter den ca. 167.000 Wiener Juden.

Die Annexion 1938 überraschte die in Österreich lebenden Juden mit einer Vielzahl von Maßnahmen, die im „Altreich“ über Jahre entwickelt, eingeführt und verschärft worden waren. Dennoch war die Vertreibung der Juden dort an einen toten Punkt angelangt, als Österreich „angeschlossen“ wurde, eine gute Gelegenheit für die Machthaber, neue, noch radikalere Vorschriften einzuführen, zumal sie auf die tatkräftige Unterstützung der nichtjüdischen Österreicher zählen konnten. Bukey zeigt überzeugend, unter welchem (Zeit)Druck die in Mischehe lebenden Juden quasi über Nacht Entscheidungen über Gehen oder Bleiben treffen mussten. Vor allem, wenn die Betroffenen getauft waren oder keine Beziehungen zum Judentum mehr bestanden, trafen die mit dem „Anschluss“ einhergehenden Maßnahmen sie und ihre Kinder unvorbereitet hart—und sie fanden nirgends Rückhalt. Die Berufsverbote zerstörten die ökonomische und soziale Existenz der Juden, ihrer Ehepartner und Kinder gleichermaßen; Ausplünderung und Vertreibung folgten. Mehr noch: Vater, Mutter, Kind lebten nun mit einem unterschiedlichen „rassischen“ Status, der ihre Exklusion aus bzw. Inklusion in der Gesellschaft regelte. Die jüdischen Ehepartner (meist die Männer) hatten alle antijüdischen Maßnahmen zu beachten, von denen Mischehen nicht explizit ausgenommen waren; die „arischen“ Ehepartner wurden im Hinblick auf den jüdischen Ehepartner benachteiligt und unter Druck gesetzt, sich scheiden zu lassen. Die „Mischlinge“ lebten unter einem Sonderrecht, das ihnen Berufs-, Bildungs- und Heiratschancen nahm. Hinzu kam im Winter 1938 die Unterscheidung der Mischehen in „privilegierte“ und „nichtprivilegierte“, was sich später auf die Einweisung in Judenhäuser, den Kennzeichenzwang und die Einbeziehung in die Deportationen auswirkte.

Bukey listet die Möglichkeiten auf, wie die Betroffenen damit umgehen konnten: Sie konnten erstens aus dem Land fliehen oder wenigstens ihre Kinder mit einem der Kindertransporte in Sicherheit bringen. Sie konnten zweitens versuchen, auf dem legalen Weg über den §7 des Reichsbürgergesetzes eine Ausnahmeregelung für sich zu erlangen, indem sie ihre Verdienste geltend machten und—wenn sie Gehör bei den verschiedenen Behördeninstanzen finden sollten—von den antijüdischen Vorschriften befreit wurden. Als dritte Möglichkeit blieb ihnen der Gang zur österreichischen Dienststelle des Reichssippenamtes oder zum Gericht, um ihre jüdische Abstammung „wegzuklagen“ (22), und als vierte die Scheidung. Mit den beiden letzten Aspekten setzt sich Bukey schwerpunktmäßig auseinander.

Insgesamt 497 Personen nutzten eine Änderung im Familienrecht, die die Nationalsozialisten eingeführt hatten, nämlich über das Reichssippenamt oder in [End Page 199]einem Gerichtsverfahren die Abstammung feststellen zu lassen. Natürlich hatten die Gesetzgeber nicht intendiert, Juden oder „Mischlingen“ hier ein Schlupfloch zu bieten, um mittels falscher Zeugenaussagen und Dokumenten ihren „rassischen Status“ zu „verbessern“. Dennoch...

pdf

Share