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Die "Octo Quaestiones" Wilhelms von Ockham in zwei unbeachteten Handschriften in Lissabon und Tübingen. Mit welchem Thema kann man einen Gelehrten Ehre erweisen, der als Editor der theologischen Schriften Ockhams seine Kollegen mit verläßlichen Texten beschenkt hat und der als unermüdlicher Besucher von Handschriftensammlungen immer wieder mit wichtigen Funden und reichlich gegebenen Hinweisen die Leser seiner Aufsätze auf wichtige Fährten setzte? Dem verehrten Jubilar sei eine Miszelle auf den Gabentisch gelegt, die— in einer aus den Umständen erklärlichen Beschränkung1 —nur ein freilich bescheidenes Echo auf die von ihm gegebenen Anregungen sein will. Doch beziehe ich mich hier auf die andere Hälfte des Lebenswerkes Wilhelms von Ockham, auf seine politischen Theorien2 der Münchener Jahre, in denen der englische Franziskanertheologe mit zunehmender Intensität auch die politische Lage des Kaisers Ludwig des Bayern bedachte, der seit den Septembertagen des Jahres 1328 in Pisa ihm und seinen Franziskanerfreunden Schutz gewährte.3 Ende Februar 1330 war Ockham im Gefolge Ludwigs des Bayern in München 'Dieser Hinweis auf zwei bisher wenig beachtete Handschriften kann eine eingehende Aufarbeitung nicht ersetzen: da ich nur Teilmikrofilme zur Verfügung habe, und da die Zeit der Autopsie für eine Untersuchung der Seitentexte nicht ausreichte, müssen manche wichtigen Probleme hier ohne Antwort bleiben. Rechtfertigen läßt sich diese erste Nachricht aber vielleicht dadurch, daß ich zeigen zu können hoffe, daß die Manuskripte keinen revolutionären Umbruch unserer Kenntnis von der Traditionsgeschichte des Textes bewirken können. 2Knappe Einführung in Ockhams Politische Philosophie in Wilhelm von Ockham, Dialogas, Auszüge zur politischen Theorie, übers, und hg. Jürgen Miethke (Darmstadt, 21994) 209-242. 3DaS Schutzprivileg Ludwigs für Michael von Cesena und seine Begleiter ist am 26. September 1328 in Pisa ausgestellt, eine knappe Woche nach der Ankunft des Kaisers in dieser Stadt, gedruckt bei Romualdo Sassi, "La partecipazione di Fabriano alle guerre della Marca nel decennio 1320-1330," Atti e memorte della R. deputazwne dt storia patria per le Marche, TV.7 (Rom, 1930) 56-129, hier 114-117 (nr. xv). 291 Franciscan Studies, Vol. 56 (1998) 292Jürgen Miethke eingetroffen.4 Bis zu seinem Tode,5 noch mehr als ein halbes Menschenalter lang sollte Ockham im Münchener Franziskanerkloster wohnen. Die Zeit war erfüllt von einer geradezu frenetischen Produktion von Memoranden, Streitschriften, und Untersuchungen, von denen die Ockham persönlich zuzuschreibenden Texte, seine "Opera política", wie sie die noch unabgeschlossene Edition nennt6, nur einen (freilich gewichtigen) Teil ausmachen, während daneben die Gemeinschaftsarbeiten des Kreises, die Appellationen, Gutachten, Flugschriften, und Materialsammlungen, die meist, der Angewohnheit der Zeit entsprechend, anonym in den Handschriften überliefert sind, wenn sie überhaupt auf uns gelangten, in dieses Konvolut noch gar nicht eingerechnet sind, obwohl sie die Arbeitskraft Ockhams gewiß ganz erheblich in Anspruch genommen haben. Ockham selbst hat einmal kurz vor Pfingsten 1334 in seinem "Offenen Brief an das Generalkapitel7 des papsttreu gebliebenen Minoritenordens unter dem neuen Generalminister Gerardus Odonis den "Publikationsdruck" geschildert, unter dem er sich fühlte. Zum Erweis der ketzerischen Irrtümer des Papstes seien schon ganze volumina, dicke Bände von Schriften, angefertigt worden. Et ego de haeresibus et erroribus memoratis et eis annexis de tenuitate ingenii mei scripsi manu mea quinquaginta sexternos de Am 22. Februar 1322 ist die erste wieder in München ausgegebene Urkunde Ludwigs datiert, vgl. Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern (1314-1347), nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. Peter Acht, Heft 1 : Die Urkunden aus den Archiven und Bibliotheken Württembergs, bearb. Johannes Wetzel, (Koln/Weimar/Wien, 1991) 34 (nr. 72). 'Wahrscheinlich am 879. April 1348, vgl. J. Miethke, "Zu Wilhelm Ockhams Tod", AFH 61 (1968): 79-98. Die Edition der Opera política ist von H. S. Offler weit gefördert worden: Hier benutzt in folgenden Banden Guillelmi de Ockham Opera política, vol. I2, 2, 3 (Manchester, 1974, 1963, 1956) [künftig zitiert als "OPoI 1-3"]. Ein vierter Band mit den restlichen Schriften (mit Ausnahme der "Dialogus") ist inzwischens noch aus dem Nachlaß Offlers (+ 1991) bei der British Academy publiziert worden: Oxford 1997. Die Edition des "Dialogus" ist John Kilcullen anvertraut worden, sodaß hoffentlich ein Abschluß in absehbarer Zeit erreicht wird. '"Epístola ad...

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