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Wir kämpfen seit es uns gibt Ika Hügel Mein Name ist Ika Hügel, ich bin 1947 in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen. Meine Mutter ist weiße Deutsche , mein Vater afro-Amerikaner. Ich habe ihn nie kennengelernt. Aufgewachsen bin ich in einer Kleinstadt in Bayern. Sowohl in unserem Haus, in der Umgebung, im Kindergarten und in der Schule war ich die einzige mit einer anderen Hautfarbe. Rassismus und Diskriminierungen begannen für meine Mutter nach meiner Geburt. Sie wurde aus der katholischen Kirche ausgeschlossen und von vielen als "Negerhure" betitelt. Selbst vom engsten Familienkreise (außer von meiner Großmutter ) wurde sie verachtet und in keiner Weise unterstützt. Sie war vom Tag meiner Geburt an ausgeschlossen aus der Gesellschaft. Zu der damaligen Zeit (nach 1945) schalteten sich auch die zuständigen Jugend- ämter als Unterstützung in der Form ein, in dem sie zielgerichtet den Müttern von afro-deutschen Kindern nahelegten, sie in einer Pflegefamilie oder in einem Heim unterzubringen. Im Bundestag wurde die Gruppe der Afro-Deutschen als "Sonderproblem" beurteilt: Eine besondere Gruppe unter den Besatzungskindern bilden die 3.093 Negermischlinge, die ein menschliches und rassisches Problem besonderer Art darstellen.... Die verantwortlichen Stellen der freien behördlichen Jugendpflege haben sich bereits seit Jahren Gedanken über das Schicksal dieser Mischlinge gemacht, denen schon allein die klimatischen Bedingungen in unserem Lande nicht gemäß sind. Man hat erwogen, ob es nicht besser für sie sei, wenn man sie in das Heimatland ihrer Väter verbrächte. . . (Das Parlament, 19.3.1952, zitiert in Farbe bekennen [100]). Als Resultat der damaligen Politik der Jugendämter wurde ich von meinem siebten Lebensjahr an bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr in einem christlichen Heim weit weg von meiner Familie untergebracht. Ich wurde gequält, meine noch junge Persönlichkeit vernichtet und mein Selbstbewußtsein zerstört. Mir ist es wichtig an dieser Stelle zu erwähnen , daß nicht nur ich, aber gerade meine Generation (die also nach dem zweiten Weltkrieg) die Auswirkungen von Rassismus und die einhergehende Isolation and Ausgrenzung am spürbarsten zu tragen hatten. Generationen vor uns, auch wenn die Schwarzen Väter nicht anwesend waren, Women in German Yearbook 9 (1993) 232Wir kämpfen seit es uns gibt konnten doch von ihren Landleuten sprechen, von Kameradinnen und Kameraden, von gemeinsamen Treffpunkten und Unternehmungen. Als Beispiel zitiere ich Friede P., 1920 einem schwarzen afrikanischen Vater und einer weißen Deutschen geboren: . . .ab '38 bin ich zu den Filmen nach Berlin gekommen. Da lernte ich dann die Landsleute kennen—Landsleute—, so bezeichnen wir Alten uns noch heute. Vorher kannte ich ja keine. Bei der Filmerei war es sehr gemütlich. In den Pausen nahmen die Afrikaner oft ihre Trommeln, und wir sangen vor den Ateliers. Aus allen Produktionen kamen die Leute gelaufen und hörten begeistert zu. Nach 1933 waren kaum Afrikaner und Afrikanerinnen zurückgekehrt. Was sollten sie in Afrika? Wer hätte ihnen die Fahrt bezahlt?. . . Wir waren alle zusammen—jüngere und ältere Afrikaner/innen, die heute überall verstreut in Deutschland leben. Viele sind auch in den Kriegsjahren umgekommen (Farbe bekennen 77-78). Kinder von GIs waren gewöhnlich abgeschnitten vom Land des Vaters, da diese alle wieder zurückgingen oder wieder zurückbeordert wurden. So erfuhr auch mein Vater nie, daß ich geboren wurde. Ein Bezug zu Afrika herzustellen war deshalb kaum möglich, da ja noch nicht einmal der Kontakt zu den USA da war. Die Generation nach uns, in den siebziger Jahren, hatte vorwiegend Väter aus afrikanischen Ländern. Sie kamen als Studenten nach Deutschland, meist nach und während der Unabhängigkeitskriegen. Die meisten Afro-Deutschen in dieser Zeit hatten und haben Kontakt mit ihren Vätern und viele lernten das Heimatland kennen. 1985 fand das erste afro-deutsche Treffen in der Bundesrepublik Deutschland statt. Ich war 39 Jahre alt, als ich das erste Mal andere AfroDeutsche und Schwarze Menschen kennenlernte. Ich zitiere aus meinem Text, Entfernte Verbindungen: Ich kann mich sehr gut erinnern, daß sich etwas in meinem Bewußtsein und in meiner Persönlichkeit verändert hat, als ich Schwarze Deutsche kennengelernt habe. Mir wurde klar, daß ich mich bisher immer nur von Weißen unterschieden habe...

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