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250 Book Reviews be of value as an introduction to the cycle or a collection of basic Erläuterungen ; as a scholarly work, I found it somewhat disappointing. University of Cincinnati Susanne Kord Mayer, Mathias, Selbstbewußte Illusion: Selbstf eflexion und Legitimation der Dichtung im "Wilhelm Meister." Heidelberg: Carl Winter, 1989 (Beiträge zur neueren Literaturgeschichte, Folge 3, Bd. 93). Wie umstritten auch die Glaubwürdigkeit von Goethes Aussage ist, daß er "nie über das Denken gedacht" habe, über Dichtung, Poesie und den künstlerischen Schaffensprozeß hat er sich nicht nur vielfaftig theoretisch und brieflich ausgesprochen, er hat diese Phänomene in ihrer erlebten und gestaltend-gestalteten Komplexität auch dichterisch dargestellt. Das Verdienst, dies für den Wilhelm Meister verdeutlicht zu haben, gebührt neben Schiller vor allem Friedrich Schlegel, der mit seinen einprägsamen Designierungen "Poesie der Poesie," "philosophisch potenzierte Poesie" und "poetische Physik der Poesie" auf die immanente Poetik des Romans hinwies. So basiert Mayer seine geschichtsphilosophisch ausgerichtete Studie über die "Selbstreflexion" der Dichtung weitgehend auf Schlegels Konzeption einer kritischen Transzendentalpoesie und sieht die in Schlegels "philosophischem Epos" des "Meister"Aufsatzes von 1798 erarbeiteten Strukturen nicht nur in den Lehrjahren, sondern von "Goethe in den 'Wanderjahren' noch verstärkt und damit bestätigt" (26). Zugleich aber betrachtet Mayer die beiden Meister-Romane als Goethes Versuch, in einer zunehmend kunstfeindlichen, d.h. sich vertechnisierenden und nach ökonomischen Gesichtspunkten ausgerichteten Welt die Existenz der Dichtung zu legitimieren. Damit stellt sich in Hegel mit seiner in jüngster Zeit vielfach herbeigezogenen Feststellung vom "Ende der Kunst" (Kunst als höchster Verwirklichungsform des Weltgeistes im frühen 19. Jahrhundert von der Philosophie abgelöst) der Gegenpol zu Schlegel und der zweite geistige Angelpunkt des Verfassere dar. Während aber Hannelore Schlaffer in ihrem Wilhelm Meister-Buch von 1980 das Hegeldiktum im Titel führt, die künstlerischen Konfigurationen der Werkgestalt aufbricht, Episoden und Charaktere aus beiden Romanen in unhistorischer Mischung nach Mayer, "zum Steinbruch mythologischer Motivjagden ohne Ende" (127, Anm. 218) macht, bezieht sich der Verfasser gesondert auf jedes Werk, auch parenthetisch auf die Theatralische Sendung, und versucht, die fragwürdige Behauptung vom "Ende der Kunst" und der "Wiederkehr des Mythos" im Wilhelm Meister zu modifizieren, wenn nicht zu widerlegen. Mayers wohlfundierteste Perspektive mit den überzeugendsten Resultaten scheint mir die auf die Wanderjahre zu sein, da sie seiner These vom Grundkonflikt zwischen Kunst und Ökonomie/Technik am ehesten gerecht wird. Auch seine Methodik findet in diesem Roman der zyklischen und offenen und sich ironisch widerspiegelnden Formen ein günstiges Forschungsobjekt. Dahingegen die neunziger Jahre des 18. Jahrhunderts — die Lehrjahre sind nur ein Beispiel der kulturell und schöpferisch reichhaltigen Produktion Goethes, Herders, Jean Pauls, Schillers und Hölderlins in dieser Periode — zur Goethe Yearbook 251 "dürftigen Zeit der Ökonomie" zu erklären, wie Mayer das tut (z.B. 89), ist historisch kaum gerechtfertigt. Hier wäre es angebracht, sich kritischer gegenüber zeitgenössisch populären, aber relativ engen Forschungspositionen zu verhalten und Schlagworte wie "Naturbeherrschung des technischen Maschinenzeitalters" (95) oder "Ästhetik des Marktes" nicht ungeprüft auf ihre historische Reievanz hin zu übernehmen und anzuwenden. Die Schlußfolgerung von Mayers Untersuchung lautet, daß Goethe "seine Kunst unter obwaltenden Umständen gerade so eingerichtet hat, daß sie dem kunstfeindlichen Zeitgeist Widerstand zu leisten und ihn widerzuspiegeln vermag" somit also keine "Übereinstimmung Goethes mit Hegels These." Goethes Reaktion auf seine Zeit sieht Mayer als "ironisch-symbolisch" (140). Was nun allerdings die Goethesche Symbolik betrifft, so erweist sich Mayers Methodik, besondere im Hinblick auf die Interpretation der Lehrjahre, als begrenzt. Seinem wiederholt hastigen analytischen Vorgehen fehlt dasjenige, was Goethe das geduldige Eindringen in die Objekte, "anschauende Urteilskraft," was Max Frisch selbst im Hinblick auf Goethes Maximen und Reflexionen die "Balance zwischen Denken und Schauen" nennt (Tagebuch 1946-1949, Frankfurt/Main, 1950, 217). Dieses fehlende oder nicht angewandte Bilddenken, die im abstrakt logozentrischen Argument häufig übersehene Gestik oder spezieile Erscheinungsform dichterischer Gestalten und ihrer symbolischen Bezüge führt zu deren Reduktion und wiederhoft zur Abstempelung auf Begriffe, die die einmal anvisierten Thesen dann erhärten sollen. Das wirkt nicht nur gehaltlich, sondern auch stilistisch störend, wie etwa in dem Satz: "Mignons unbedingt reine, d.h. jeden Tausch ablehnende Kunst erweist...

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