In lieu of an abstract, here is a brief excerpt of the content:

Hans Eichner 217 Einen Vorgeschmack auf die Fortsetzung gibt bereits die Einleitung, die Position und Methode des Werks darlegt: der historische Rückblick soll reflektiert werden "im Lichte gegenwärtiger Erkenntnisinteressen" (S. 13), die ihrerseits von diesem Blick auf frühere Erfahrungen modifiziert werden. So sieht sich der Autor selbst in einer Spannung zwischen Historisierung und Aktualisierung, den Polen, zwischen denen sich die Goetherezeption des 19. Jahrhunderts hin- und herbewegte. University of Georgia Ludwig Uhlig Hoffmeister, Gerhart, Goethe und die europäische Romantik. Munich: Francke, 1984 (Uni-Taschenbücher, Nr. 1295). Goethe verstand unter dem Begriff der "Weltliteratur" nicht einfach die "Summe aller Literaturen der Erde" (Hoffmeister, S. 13). Es ging ihm um die Intensivierung des Gedankenaustausche über die nationalen Grenzen hinaus, um Verständnis und gegenseitige Befruchtung zwischen den Nationen und damit um den Beitrag, den internationale literarische Beziehungen zu gegenseitiger Duldung, zum Frieden und zum Fortschritt machen konnten. In dem immer dichter werdenden Netzwerk dieser Beziehungen war er selbst zu seiner Zeit ein wichtiger Knotenpunkt. Et wurde überall in Europa gelesen, bewundert und getadelt, verstanden oder mißverstanden, und sein eigenes Interesse an den literarischen Ereignissen des Auslands erlahmte bis zu seinem Tode nicht. Hoffmeister versucht, einen Überblick über diese Wechselbeziehungen zu bieten. Nach einem einleitenden Kapitel über "Goethe und die Weltliteratur" berichtet der erste Teil seines Buches über Goethes Beziehungen mit der deutschen, englischen, französischen, italienischen, spanischen, polnischen und russischen Romantik. Ein in diesen Teil eingeschaltetes Kapitel soll aufzeigen, zu welchem Grad Goethes eigene Werke "romantisch" sind. Der zweite Teil enthält Kapitel über den "Goethekult des 19. Jahrhunderts," über den "Wertherismus," "Wilhelm Meister und die Tradition des Bildungsromans," "Goethes Faust und die metaphysische Weltdichtung," über Goethe und die Musik und Goethe und die bildende Kunst. Das Schlußkapitel enthält unter dem Titel "Wiederholte Spiegelungen" eine Zusammenfassung. Hoffmeister hat sich also eine ungewöhnlich ambitiöse Aufgabe gestellt, und er ist ihr zu einem erheblichen Teil gerecht geworden. Sein Buch macht Goethe als "europäisches Ereignis" sichtbar und reizt den Leser auf Schritt und Tritt zu methodischen Überlegungen und weiterem Nachforschen. Man stößt aber auf Schritt und Tritt auf Anzeichen der Hast und Ungeduld. Die angestrebte Kürze zwang Hoffmeister zu Vereinfachungen, die Struktur des Buches führte zu Wiederholungen, und der ungenauen und unscharfen Formulierungen sind zu viele. Wir lesen z.B. auf S. 53-4: Inwieweit nun Goethes Faust II dem mythologischen theatrum mundt Calderóns ähnelt, hat die jüngste Forschung im Hinblick auf die spanischen Strophen, die festspielhaften Aufzüge, die symbolische Handlungsführung sowie die barockromantische Technik der Mischung nachgewiesen. Indem sich Goethe jedoch mit Calderón gegen Kleist wandte, läßt darauf schließen [so!], daß der Weimarer 218 GOETHE SOCIETY OF NORTH AMERICA Dichter auch wesentlich klassische Züge seiner Tragödie gegen die Romantik ausspielen oder betonen wollte. Anders ausgedrückt: Goethe bediente sich im Faust zwar der Techniken der literarischen Romantik (siehe Calderón, dazu Wielands Oberon, 1780, und Tiecks dramatisierte Volksbücher ab 1799), war aber durchweg bemüht, die romantische Weltansicht am "irrenden," "verworrenen" Faust zu widerlegen. Denn wie hoch er auch strebte, immer wieder mußte sein Held "Staub fressen"—bis auf den Schluß. So konnte Stuart Atkins sagen, daß "Romantik" geradezu Fausts Problem sei. Je älter der "romantische" Held würde, desto weniger romantisch erscheine er: "Doch dieser hat gelernt, / er wird uns lehren" (Vers 12,082 f). Danach sei Faust ein antiromantisches Drama in romantischer Form, antiromantisch vor allem in seiner Kritik des Subjektivismus, des romantischen Primitivismus und des volkstümelnden Mittelalterkults. Auf S. 178 wird das alles Satz für Satz wörtlich wiederholt—bloß statt des ungrammatischen "Indem" steht nun das richtige "Daß." Aber ist das ein Absatz, den wir zweimal lesen wollen? Was sind die "spanischen Strophen" im Faust? Was hat Goethes Ärger über Kleist mit dem Faust zu tun? Gehören Calderón und Wielands Oberon zur literarischen Romantik? Hat Tieck nicht schon vor 1799 Volksbücher auf eine romantische Weise dramatisiert? Was ist "romantischer Primitivismus?" Leider sind solche Pannen nicht selten. Auf S. 95 schreibt Hoffmeister von Mussets dramatischem Gedicht "La Coupe et les lèvres (1832), dessen Held Frank gleich zu Beginn alles verflucht...

pdf

Share