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328 Book Reviews im vierten TeU seiner Studie geht es Anglet um die Zweideutigkeit des AugenbUcks im Raum des öffentiichen Lebens, der PoUtik und Geschichte. An Götz, Egmont und Tasso werden die "prägnanten" AugenbUcke sowohl geschichtiicher Wendepunkte, institutioneUer Verjüngung wie der dichterischen leidvoUen Erfahrung den "flüchtigen" AugenbUcken des Zufalls, des Wechsels und eines Gefahr , Krieg und Unsicherheit bergenden Zeitablaufs gegenübergesteüt. Hier diskutiert Anglet auch Goethes Begriffe des Dämonischen, der Sorge und der Goetiieschen Epochenstruktur in der Farbenlehre. Um seiner gründlichen Abhandlung ebenfaUs einen begriffsgeschichtiichen Kontext zu verlernen, fügt ihr Anglet eine über vierzigseitige "Skizze" zu der Tradition des "AugenbUcks" von der Bibel bis zu Goethes Jahrhundert bei. Er kommt zu dem Schluߗwas bereits die Hauptuntersuchung ergab—, daß Goethe zwar von mancherlei Traditionen beeinflußt war, daß sein Denkbüd aber letztiich ihm eigenständig und eigentümUch zugehört. Anglets Arbeit zeichnet sich durch einen jargonfreien, klaren, präzisen und der Thematik angemessenen Sprachstil aus. Das Buch ist als ein bedeutender und reicher Beitrag zur Goetheforschung zu betrachten und aUen ernsthaften Lesern zu empfehlen. University of Washington Hellmut Ammerlahn Gerhart von Graevenitz, Das Ornament des Bücks: Ãœber die Grundlagen des neuzeitlichen Sehens, die Poetik der Arabeske und Goethes "West-östUchen Divan." Stuttgart and Weimar: Metzler, 1994. Zwischen den jüngsten Theoretisierungen der MediaUtät und MateriaUtät von Kommunikation einerseits und deren Historisierungen andererseits bleibt eine Lücke, die Gerhart von Graevenitz's brüUante Studie schUeßt, indem sie die theoretische und historische Verortung von MediaUtät kurzschUeßt. Souverän und stringent argumentierend führt Ornament des Blicks den Leser mühelos durch fünf Jahrhunderte und mindestens vier Disziplinen, ohne je den Faden zu vertieren . Häufig erzählen Historisierungen der Medien deren Geschichte als die Sukzession von der Stimme, über die Schrift, zum BUd. Selbst "emphatische Schriftbegriffe mancher neueren Theorien" sind dabei von einem melancholischen Unterton getragen, insofern jedes neue Medienparadigma das alte zu verdrängen scheint. Der Verfasser hingegen zeichnet ein wesentlich differenzierteres BUd neuzeidicher Medienrevolutionen frei von jeder Nostalgie. Stattdessen führt er BUd und Schriftmedien auf ihre gemeinsamen medienhistorischen und medientheoretischen Grundlagen zurück, die er wiederum in der neuzeitiichen Medienrevolution des Buchdrucks geschichtiich verortet: "Die neuen Techniken erzeugen eine ganz neue fntensität der Verbindung von Schrift und BUd. Beide sind zwei Seiten eines technischen Verfahrens" (4). Der Druck büdet somit das tertium comparationis, so daß Schrift und BUd wechselseitig transformierbar werden . Graevenitz zufolge steht das neuzeitliche Druck- und Schriftbüd im Buchdruck von Anfang an unter dem Gesetz der Linearperspektive. Damit ist die Leitidee von Graevenitzens Argumentation formuüerr. "Schrift erscheint unter Gesetzen der BüdUchkeit. In einem noch zu erläuternden Sinne erzeugt der Goethe Yearbook 329 Buchdruck die VorsteUung, Schrift besitze ein perspektivisches Schrift-Büd. Damit ist deudich, daß die 'MateriaUtät' der Druckschrift keine einfache ist. Sie schUeßt die MateriaUtät der perspektivischen Büder mit ein und setzt die Umwandelbarkeit des einen Mediums in das andere voraus" (5). Der Autor macht diese kompUzierten Zusammenhänge im Zuge einer scharfsinnigen und feinfühügen "Lektüre" von Albrecht Dürers Porträt des Erasmus von Rotterdam deutiich. An Hand von dessen linearperspektivischer Büdkonstruktion vermag Graevenitz zu demonstrieren , wie diese "die opake Zeichen-, Mal- oder Druckfläche transparent," "zur finestra aperta, zum offenen Fenster" macht. Dieses Transparentwerden eines opaken Mediums auf Sinn und imaginäre Präsenz hin ist konstitutiv für aUe in dieser Studie analysierten medial bedingten Signifikations- und Simulationsprozesse. So wird die Transparenz der Fläche auf den dreidimensionalen Raum hin zum metaphorischen ModeU hermeneutischer und poetischer Transparenz. ΕίηÎμη Schritt weiter gehend zeigt Graevenitz an Dürers Schriften zur Perspektive, "daß Linearperspektive nicht nur ÎμΕ ηÎμ Hlusionstechnik für Maler war, sondern ein geometrisches Konstruktionsprinzip, das die künsderischc und wisscnschaftUchc Objektkonstitution gleichermaßen strukturiert" (10). Diese Ãœberlegungen kulminieren in dem Schluß, daß der geometrisch konditionierte BUck der Neuzeit seine Gegenstände formt und deshalb "tief im Innern der Gegenstände" "sein eigenes Auge" erbückt. Das zweite Kapitel "Der BUck" geht den Materialisierungen des geometrisch konstruierenden BUcks in den Gegenständen nach. Ornamente und Arabesken, die regelmäßigen Körper oder corpora regular...

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