In lieu of an abstract, here is a brief excerpt of the content:

Goethe Yearbook 413 Denken und Formulieren" (191) als das zentral kongeniale Element, das Kollwitz mit Goethe verband. Weitaus ambivalenter stellt sich das Rezeptionsverhältnis zwischen "Gottfried Benn und Goethe" dar. Zwar versucht Butzlaff das die Widersprüche zwischen Benn und Goethe betonende Rezeptionsbild Helmut Brackerts zu konigieren, indem er Parallelismen und Gemeinsamkeiten zwischen Benn und Goethe betont. Großenteils gestützt auf eine Analyse von Benns Briefwechsel mit F. W. Oelze arbeitet Butzlaff die produktiven Aspekte von Benns Goethe Rezeption überzeugend heraus. Aber auch in Butzlaffs Beitrag zur Goethe Rezeption Bènns gewinnt die Bennsche Kategorie der "Ambivalenz" genaueren deskriptiven Wert als die oft gezwungen wirkende Konstruktion von Kongenialit ät. Trotz dieser Vorbehalte sind diese beiden Studien—der Kollwitz Aufsatz überzeugender als der Benn Aufsatz—in der Tat "Ergänzungen" zu unserem Verständnis der Goethe Rezeption im 20. Jahrhundert. Der letzte Artikel diese Bandes, "Gottfried Benn—Sänger ohne Musik?," ist dagegen (Butzlaff macht daraus keinen Hehl) eher ein Beitrag zur Benn Forschung als ein Beitrag zur Goethe Forschung. Butzlaff argumentiert, daß ein Aufsatz über Benns Verhältnis zur Musik zu dessen Gesamtbild "nicht weniger beiträgt als seine Beziehung zu Goethe" (9). Das mag sein, aber in einem Goethe betitelten Sammelband kommt dieser Goethe kaum erwähnende Aufsatz denn doch als eine überraschende Zugabe für an Benn Interessierte. Obwohl die Entstehungsgeschichte dieser Studien dies verständlich macht, empfindet man die mangelnde Auseinandersetzung (besonders mit der neueren) Goethe Forschung als einen Verlust, zumal gerade Butzlaffs interessanteste Erkenntnisse durch eine solche Auseinandersetzung oft wohl bereichert und gest ützt worden wären. Aber man sollte diese Aufsätze als das nehmen was sie sind: Dokumente einer intelligenten, aufgeschlossenen, kenntnisreichen Beschäftigung mit Goethe. Wer dergestalt bereit ist, sich in die Rolle der Zuhörer von Butzlaffs Vorträgen zu versetzen, wird in vielen dieser Studien das Ziel Butzlaffs, "das Gesamtbild des Dichters . . . wenigstens [zu] ergänzen" (9), erfüllt finden. Wellesley College Jens Kruse Gabrielle Bersier, Goethes Rätselparodie der Romantik: Eine neue Lesart der Wahlverwandtschaften. Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte, Bd. 90. Tübingen: Niemeyer, 1997. 202 pp. Diese Studie setzt sich von den thematisch orientierten Untersuchungen der Wahlverwandtschaften ab, indem sie sich Goethes Arbeitsweise der Chiffrierung und Maskiemng zuwendet. Damit stellt sie sich der in Benjamins Wahlverwandtschaften -Aufsatz hervorgehobenen Herausforderung, den der Kritik verlegten Zugang zu diesem Text doch freizulegen. Ihre versierte Lektüre der spätromantischen Schriften Friedrich Schlegels führen die Autorin auf die Spur von Goethes Verschlüsselungstaktik. So entwickelt Gabrielle Bersier die These, daß der Roman als Ganzes und im Detail darauf abzielt, diejenigen Texte Schlegels zu parodieren, die Goethes eigenes Literaturverständnis direkt oder indirekt 4l4 Book Reviews angreifen. In diesem Sinne liest sie Die Wahlverwandtschaften als Schlüsselroman eines poetologischen und weltanschaulichen Disputs, in dem Goethe die Oberhand gewinnt. Goethes Schlegelkritik richte sich in dieser Metafiktion besonders gegen Schlegels Propagierung des Katholizismus und der damit verbundenen Rückorientierung der Literatur am Mittelalter, weil Schlegel dabei gegen Goethes Wertschätzung der Antike und des Pantheismus zu Felde zieht. Zunächst diskutiert Bersier die verschiedenen Ansätze der Parodietheorie und grenzt Parodie gegen Travestie ab, da diese ihre Vorlage "ins derbkomisch-vulgäre Register" (3) herabsetze. In ihrem Parodieverständnis greift sie auf die Frühromantik zurück, "die in der Parodie weniger eine Gattungsbezeichnung ... als vielmehr ein ironisches intertextuelles Schreib-und Wirkungsverfahren sah" (6). In Anlehnung an Schlegels Aphorismen unterscheidet sie Parodie als "poetischen Witz" von Ironie, "philosophischem Witz. " Ironie erschöpfe sich in "der bloßen Reflexion, während sich die Parodie im Bereich dichterischer Veranschaulichung realisiert" (11). Daran schließt sich ein Forschungsbericht über "Spielarten und Funktionen der Parodie" (21) an, in dem die Autorin die Fortschritte der internationalen, besonders der anglistischen, Forschung in der Parodietheorie heraushebt und dafür plädiert, diese auch für die Germanistik nutzbar zu machen. Die bisherige Ausklammerung der komparatistischen Avantgarde und der "Orientierung der Germanistik an der Parodie als einem Gattungsbegriff aristotelischen Ursprungs, einem niedrig-komischen Genre also," macht sie in diesem Zuge dafür verantwortlich, "daß die vielen Ausführungen zum ironischen Darstellungsprinzip der Wahlverwandtschaften so erstaunlich wenig über die parodistische Schreibart des Romans zu sagen haben" (51). Als Pionierin in der Parodie-Theorie...

pdf

Share