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WALTER BURLEYS LETZTER KOMMENTAR ZU ARISTOTELES, DE INTERPRETATWNE, KAP. 14 (NEBST CORRIGENDA ZU VERWANDTEN TEXTEN BURLEYS) Von MISCHA VON PERGER Dem letzten Kapitel von De interpretatione liegt die Annahme zugrunde, unter den Aussagen, die mit einer vorgegebenen anderen Aussage nicht vereinbar sind, gebe es genau eine, die in einem ausgezeichneten Sinne entgegengesetzt zur Vorgabe sei. Dieses besondere Verhältnis nennt Aristoteles "Kontrarietät," und das Kapitel ist der Frage gewidmet, welche Form jene Aussage habe, die zu der vorgegebenen "konträr" sei. Ist etwa ein positiver All-Satz vorgegeben, bietet es sich an, die dazu konträre Aussage mittels des negativen Allquantors zu erzielen ("Jeder Mensch ist gerecht" — "Kein Mensch ist gerecht"), oder aber durch ein entgegengesetztes Prädikat ("Jeder Mensch ist gerecht" — "Jeder Mensch ist nicht-gerecht / ungerecht "). Ist ein singulärer Satz vorgegeben, könnte man versucht sein, die dazu konträre Aussage durch einfache Negation der Kopula oder des prädikatbildenden Verbs zu bilden ("Kallias ist gerecht" — "Kallias ist nicht gerecht," "Kallias läuft" — "Kallias läuft nicht"), oder wiederum durch ein entgegengesetztes Prädikat. Aristoteles versucht zu zeigen, daß die vollständige Verneinung des Prädikats für das Subjekt (also die universelle bzw. die einfache Negation der Aussage), und nicht der zum Prädikat konträre oder sonstwie entgegengesetzte Ausdruck, die konträre Aussage hervorbringt. Die Problematik des Unterfangens rührt daher, daß Aristoteles vorweg keine Definition und keine Kriterien der Kontrarietät angibt, denen die "konträr" zu einer bestimmten anderen stehende Aussage genügen müßte. Am 5. August 1337 schloß Walter Burley (1275/76-1344/45) seinen dritten und letzten Kommentar zu De interpretatione ab.' Zusammen mit den Kommentaren zu drei anderen Büchern der Ars velus ist dieses Werk in Inkunabeln und Frühdrucken weit verbreitet, und dank einem FaksimileNachdruck der Ausgabe Venedig 1497 auch heute leicht zugänglich.2 Aber 1 Siehe den Kolophon des unten edierten Textes. Von Burleys frühestem Kommentar zu De int. ist nur der Anfang erhalten: Cambridge, St John's College MS D 25 (James 100), fol. 54i^v; das Bruchstück ist bisher nicht ediert worden. Den zweiten, vollständig erhaltenen Kommentar hat S. F. Brown ediert: "Walter Burley's Middle Commentary on Aristotle 's 'Perihermeneias,'" Franciscan Studies 33 (1973): 42-134. Zur Unterscheidung der drei Kommentare voneinander gebrauche ich die Bezeichnungen "Expositio vetus," "media" und "nova." 2 Gualterus Burlaeus, Super artem veterem (Frankfurt a. M., 1967), im Original: Burlei super artem veterem Porphirii et Aristotelis. In seinem Vorwort nennt Burley die Kommen- 318TRADITIO im Vergleich mit den Handschriften stellt der gedruckte Text den Leser vor einige Probleme.3 Vor allem bieten manche Handschriften jeweils am Ende von De interpretatione I und II4 einen Text, der von dem gedruckten erheblich abweicht.5 Dies jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Das Schlußkapitel von De interpretatione I ist in den Handschriften wie auch im gedruckten Text vollständig kommentiert, nur gibt es zum letzten Lemma zwei verschiedene Kommentarfassungen. Die gedruckte Fassung ist zwar durchaus auch handschriftlich bezeugt, aber es findet sich in manchen Handschriften ein anderslautender, umfangreicherer Text mit einem eigenen Gedankengang.6 Beim Ende von De interpretatione II liegen die Dinge anders. Im Druck von 1497, wie auch schon in der Erstausgabe,' schließt der Text mit einem "Notandum," das offensichtlich überhaupt nicht in den Kontext des Kommentars paßt und das auch in keiner der Handschriften, die ich bisher prüfen konnte, überliefert ist.8 Davor findet der Leser den vollständigen Komtarreihe "Compendium de dictis in lógica," ein Titel, der vermuten läßt, Burley habe gleichermaßen auch die "ars nova" (Analytica priora und posteriora, Tópica, Sophistici elenchi ) kommentieren wollen. 3 Die zahlreichen Druckfehler sind meist leicht dem Sinn entsprechend zu berichtigen. So muß es am Ende des gedruckten Textes (d. h. des Kommentars zu De int. 13) in der letzten Figur im rechten oberen Medaillon nicht "aliquod b possibile est non esse a" heißen, sondern "omne b" — eine notwendige Korrektur, die von allen MSS, die unten für die Edition des Schlußkapitels herangezogen werden, bestätigt wird. Siehe Gualterus Burlaeus, Super artem veterem, fol. o3 (= 81) v'. 4 Im Mittelalter folgte man einer heute nicht mehr üblichen Einteilung...

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