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  • Alles ist gut. Untersuchungen zur Geschichte einer Theodizee-Formel im 18. Jahrhundert in Deutschland, England und Frankreich
  • Wulf Koepke
Alles ist gut. Untersuchungen zur Geschichte einer Theodizee-Formel im 18. Jahrhundert in Deutschland, England und Frankreich. Von Marion Hellwig. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2008. 384 Seiten. €48,00.

Diese umfangreiche und gründliche Dissertation bietet eine ganze Reihe neuer Aspekte zur Frage der Theodizee im 18. Jahrhundert, ohne Zweifel eines der Hauptprobleme der europäischen Aufklärung. Nach einer eher zu knappen Einleitung, die den [End Page 414] Problemkomplex in einen weiteren Rahmen stellt, befasst sich die Autorin mit den beiden Grundtexten und ihrer vielfachen Wirkung. Ausgehend von der Theodizee von Gottfried Wilhelm Leibniz und dem "Essay on Man" von Alexander Pope verfolgt die Untersuchung die Verknüpfungen zwischen Popes Formel "Whatever IS, is RIGHT" und Leibniz' These von der besten der möglichen Welten, wobei ebenfalls die dabei aufkommende Vorstellung von "Optimismus" und "Pessimismus" gestreift wird, und selbstverständlich gehört zum Theodizee-Problem die Frage nach dem Ursprung des Übels. Nach einer Beschreibung der Theodizee-Philosophie und des Textes von Pope wird eine Liste der möglichen Quellen für Pope gegeben, von der Bibel, Plato und Augustinus bis zu den englischen Vorbildern und Zeitgenossen Milton, Dryden, Shaftesbury, William King und Bolingbroke. Dem folgen Beispiele für die englische Rezeption Popes, zustimmend und ablehnend, in den verschiedensten Textarten: Gedicht, Roman, Pamphlet, sogar in einem Oratorium von Händel. Der nächste Teil befasst sich mit Frankreich, zuerst mit den wichtigsten Übersetzungen, dann mit der katholischen Diskussion, und schließlich—ein Kernpunkt der Arbeit—mit den Auffassungen von Voltaire und Rousseau. Voltaires Standpunkt, seine Reaktion auf das Erdbeben von Lissabon und der Candide, ist dabei von ganz besonderer Bedeutung. Rousseaus Schriften bis zum Emile erweisen sich weitgehend als eine der Antworten, sicherlich eine der wichtigsten, auf Voltaire. Das Erdbeben von Lissabon stellt sich als eines der entscheidenden Ereignisse der europäischen Geschichte heraus, das tiefe Spuren im Lebensgefühl der Epoche hinterlassen hat.

Im letzten Teil des Buches werden Beispiele für die Rezeption in Deutschland gegeben, anfangend wiederum mit der Beschreibung etlicher Übersetzungen. Im folgenden konzentriert sich die Arbeit auf die Texte der Anakreontiker und dann auf die Preisschriften für den Wettbewerb der Berliner Akademie der Wissenschaften von 1753 für das Jahr 1755, inklusive Lessings und Mendelssohns Pope, ein Metaphysiker! Eher unvermittelt springt die Untersuchung zu Hölderlin und dem Gebrauch der Formel in der Hymne "Patmos" und der Übersetzung des Ödipus von Sophokles. Eine eher knappe Schlusszusammenfassung geht auf Schopenhauer, Nietzsche und Eichendorff ein—eine willkürlich aussehende Zusammenstellung—und zitiert Beispiele aus der Gegenwart, die darauf schließen lassen, dass die Frage, ob alles gut oder zumindest in der bestmöglichen Verfassung sei, keineswegs mit dem 18. Jahrhundert beantwortet, geschweige denn erledigt war.

Die Analyse der gewählten Texte ist gründlich und bringt auch immer wieder Hinweise auf Querverbindungen und den geschichtlichen Kontext. Die Verfasserin bleibt nahe an den interpretierten Texten, was seine Vorzüge, aber auch seine Grenzen hat, denn eine freiere und weitere Perspektive wäre an etlichen Stellen wünschenswert. Es ist dankenswert, aber auch besonders schwierig, in dieser Weise an den Bereich der "philosophischen Dichtung" oder der "dichtenden Philosophie" heranzugehen. Lehrdichtung hat einen schlechten Namen, in Deutschland vor allem seit Schiller, der jedoch selbst eine reiche Produktion solcher Lehrdichtung vorgelegt hat, nur dass man sie vornehmer als "Ideendichtung" bezeichnet. Lessings und Mendelssohns Frage, wie weit es legitim sei, einen Text wie den "Essay on Man" als philosophischen Traktat anzusehen, behält bis heute ihre Gültigkeit, wobei gewiss ist, dass Texte wie Popes "Essay on Man" eine ganz andere Wirkung ausgeübt haben und ganz anders beurteilt werden müssen als etwa Kants Kritik der reinen Vernunft. Gerade die Beispiele, die Marion Hellwig gibt, zeigen, dass mit Popes Text ganz andere Menschen angesprochen und ganz andere gesellschaftliche Fragen berührt wurden als mit akademischer [End Page 415] deutscher Philosophie. Leibniz' Theodizee oder zum Beispiel Schillers Ästhetische Erziehung kommen in den gleichen Bereich einer öffentlichen nicht-akademischen, von religiösen Fragen bestimmten, aber nicht nur theologischen Debatte. Selbst bei "harmlosen" anakreontischen Gedichten von Gleim, Utz und G...

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