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44O HISTORY OF PHILOSOPHY Announcements The Journal has received the following account of the Tenth German Congress for Philosophy from Dr. Ursula Neeman, Ruhr-Universitlit. Bericht iiber den X. Deutschen Kongrel3 fiir Philosophie in Kiel veto 8. bis 12. Oktober 1972 Vor 25 Jahren kamen auf Anregung yon Prof. Dr. G. Schischkoff Deutschlands Philosophen nach dem Kriege zurn erstenmal wieder zusammen, um die Verbindung zur philosophischen Tradition in Deutschland wieder berzustellen. Standcn am Anfang der folgcnden Kongresse vor allem philosophie-historische Themcn im Vordergrund, wurde es ab 1960 tiblich, die Diskussion unter ein Rahmcnthema zu stcllen. Auf dem X. Kongrel3 in Kid lautete das Thema "Natur und Geschichte," und vieUeicht mag dies der Grund daffir gewesen sein, dab der zukunftsorientierte, in Deutschland zur Zeit in Mode gekommene Marxismus auf diescm Kongrel3 kaum vertrcten war. Geschichte n/imlich bczieht sich auf Vergangenes, und die Prognosen der Naturwissenschaftlcr geben keine Auskunft fiber Entwicklungen im gesellschaftlichen Bereich. Hinzu kommt, dat3 sowohl Historiker wie Naturwissenschaftlcr die Prognostizierbarkeit yon Ercignissen mit einer gcwissen Skepsis betrachten. DaB mit dem Rahmenthema aber im Grunde zu einer Auseinandersetzung fiber die Bcrechtigung der alten Einteilung in Natur- und Geisteswissenschaften als erkl~irendc mad verstebende Wissenschaftcn aufgefordert wurde, kam bereits im Eiuleitungsvortrag yon Kurt Hiibner (Kid) zum Ausdruck. Htibner wies darauf bin, daft die Behauptung, die Naturwissenschaften befal3ten sich nur mit dem Allgemeinen und die Geisteswissenschaften sich nur mit dem Individuellen, falsch sci. Der Untcrschied zwischen beidcn Wissenschaftsartcn sei mehr graduellcr Art. Bei bciden kiime es auf die Deutung yon Fakten an. In beiden Bereichcn wtirde yon axiomatisch-deduktiven Theorien Gebrauch gemacht. Im historischen Bercich haben diese Theorien jedoch jeweils immer nur einen begrenzten Anwendungsbereich und sind aus der geschichtlichen Situation, welche sie erkl~iren sollen, zu gewinnen, w~ihrend im naturwissenschafflichen Bereich die Theorien, sofern sie sich in ihrer Anwendbarkeit als zu begrenzt erwiesen haben, gerade wegen ihrer Entstehung in einer historisehen Situation korrigiert werden mtissen. Filr die Zukunft gelte es daher, den Blick auf das Individuelle im Allgemeinen zu richten. In einem brillianten Vortrag versuchte Paul Feyerabend (Berkeley) dann die Wissensehaftstheorie ad absurdum zu ftthren, indem er nachzuweisen versuchte, daf~ neue Theorien als Folge einer neuen metaphysischen Grundhaltung entstiinden. Die Hexenund Geistertheorie sei eine gute Theorie gewesen, die vieles besser erkliirt habe als die beutige Psychologic. Vor aUem aber kfimmerten sich die Wissenschaffler sehr weinig um Fakten, die ihren Theorien widersprechen, sondern lenkten die Aufmerksamkeit nur auf diejenigen Fakten die damit fibereinstimmen, und das sei sogar legitim, denn die Wirkliehkeit sei yeller Widersprfiche. Es k~ime also nur darauf an, die Forschtmg mit propagandistischen Mitteln in neue Richtungen zu dr~ingen. Da Feyerabend jedoch vergat3, Wirkliehkeit und wiederspruchsvolle Aussagen fiber die Wirklichkeit voneinander zu unterscbeiden, konnte er einen skeptischen Zuh6rer bei aller Freude an Witz und Geist nicht tiberzeugen. Bei den Referateaa der Naturwissenschaffler wurde vor ahem der Erfahrungsbegritf analysiert. Dabei wurden meistens zwei Arten yon Erfahrung untersehieden. Jtirgen Mittelstrafi (Konstanz) hob hervor, daft bei den Aristotelikern ein ph~inomenaler Erfah- BOOK REVIEWS 441 rungsbegrift yon Bedeutung war, innerhalb der modernen Naturwissenschaft seit Galilei dagegen vom Begriff einer instrurnentalen Erfahrung ausgegangen wird. Nach Friedrich Kambartel (Konstanz) gibt es nicht nur ein analytisches, sondern auch ein empirisches Apriori, weil Die Physik yon einer a priori gegebenen Lebenswelt ausgehen muff. Dagegen seien die geometrischen Modelle zur Messung yon Zeit mad Masse nicht empirisch, sondern nur durch konstruktive Regeln zu begrtinden. Im ~ihnlichen Sinne unterschied Michael Drieschner (Starnberg) in einem Sektionsvortrag zwischen Objekten im physikalischen Sinne und den Dingen im AUtag. Das Objekt der physikalischen Theorie sei ein Objekt in einem bestimmten Feld; logisch interpretiert: der Physiker befal3t sich mit Individuen nur, sofern sie sich als Elemente einer Klasse darstellen lassen, deren Eigenschaften auf konstruktivem Wege beschreibbar sind, so daft eine physikalische Theorie, wie Erhard Scheibe (G/Sttingen) es darstellte, zwar die Struktur des Objektbereichs festlegt, ftir kontingente Beschreibungen aber stets ofen bleibt. Erst bei Einsetzung kontingenter Daten sei er eindeutig genug bestimmt, um befriedigende Erkl~irungen zu erm/Sglichen. tMs Gegensatz dazu muff nach Hermann Lilbbe (ZUrich) der Historiker mit spezifisch historischen Erkl~irungen immer dann einspringen, wenn ein Ereignis gerade nicht rational erkl/irbar ist. Wenn die Rationalit~t des Handelns durchbrochen wird, dann kann nur die voraufgegangene spezifische...

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