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Reviewed by:
  • Der Briefwechsel, Historisch-kritische Ausgabe
  • Gerrit Brüning
Friedrich Schiller, Johann Wolfgang Goethe, Der Briefwechsel, Historisch-kritische Ausgabe, hrsg. und kommentiert von Norbert Oellers unter Mitarbeit von Georg Kurscheidt, 2 Bde., Stuttgart: Reclam, 2009. 617 S.

Der umfangreichere erste Band der besprochenen Ausgabe enthält die Texte von 1013 Briefen. Der zweite Band enthält Angaben zur Überlieferung und Datierung zusammen mit Beilagen und Konzepten (Entwürfen) zu den Briefen, kurze Erläuterungen zu einzelnen Stellen (150 Seiten) sowie verschiedene Register und Verzeichnisse.

Am Anfang der Tradition der Ausgaben des Briefwechsels zwischen Goethe und Schiller steht Goethe selbst (1828–29). Es folgten u.a. Hermann Hauff (1856), Wilhelm Vollmer (1770, 1881), Hans Gerhard Gräf und Albert Leitzmann (1912), Emil Staiger (1966), Siegfried Seidel (1984) und Manfred Beetz im Rahmen der MA (1990). Mit den Brief-Bänden der NA liegen die Texte seit 1995 in zeichengetreuer Wiedergabe mit gründlicher Kommentierung vor. Norbert Oellers, Hauptherausgeber der NA seit 1992, und Georg Kurscheidt, Redaktor der NA seit 2000, sind als Experten auf diesem Gebiet bestens ausgewiesen. Die Edition des Goethe-Schiller-Briefwechsels steht außerdem in Zusammenhang mit der seit 2008 erscheinenden historisch-kritischen Ausgabe von Goethes Briefen (GB), an der Oellers und Kurscheidt maßgeblich beteiligt sind. Vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick auf die erkennbar gleichartige Anlage der Edition erscheint die Briefwechsel-Ausgabe zugleich als eine Vorarbeit zu den entsprechenden Bänden der GB.

Zwischen den Brieftexten der NA und denen der Neuausgabe bestehen einige Unterschiede, die durch die Orientierung an den Grundsätzen der Goethe-Brief-Ausgabe und die damit verbundene erhöhte Genauigkeit der Textwiedergabe bedingt sind. Das typographisch sichtbarste Resultat ist die serifenlose Schrift, in der diejenigen Wörter gesetzt sind, die in der Vorlage ganz oder teilweise in lateinischer statt in deutscher Schreibschrift stehen. Bei Schiller fällt diese Unterscheidung allerdings sehr schwer, weswegen die Herausgeber der NA auf sie ausdrücklich verzichteten (NA 23:233). Die von Oellers eingeführte Differenzierung hat zur Folge, dass auch Wörter, die sich in der Vorlage kaum von ihrer Umgebung abheben, im Druckbild der Ausgabe hervorstechen. Zweitens: Alle Änderungen, die vor der Absendung stattfanden, wurden in den Apparat am Fuß der Seite aufgenommen (die NA war über manche “Kleinigkeit” noch hinweggegangen; NA 23:234). Drittens: Bei Kurzformen und Abkürzungen ist jeweils ersichtlich, welches Abkürzungszeichen vorliegt. Punkt und Doppelpunkt (z.B. “u”: für und) werden direkt wiedergegeben; in spitzen Klammern aufgelöst werden Abkürzungen, wenn ein besonderes handschriftliches Abkürzungszeichen [End Page 297] vorliegt: die Suspensionsschleife (“Abbruchszeichen”; in GB mit l nachgebildet). Dabei hätte es der Grundsatz der Zeichentreue durchaus zugelassen, an die Stelle sowohl der Suspensionsschleife als auch des in der beschriebenen Weise verwendeten Doppelpunktes in der Ausgabe den Punkt zu setzen.

Oellers definiert seinen Ansatz als “historisch-exakt” und “editionskritisch” (Bd. 2, 186). Die Brief-Texte werden getreu nach den Briefen im Zustand der Absendung (daher exakt) und anders als in allen vorherigen Separatausgaben wiedergegeben (daher editionskritisch). Der Titel “Historisch-kritische Ausgabe” weckt jedoch die Erwartung, dass nun erstmals die gesamte Überlieferung des Briefwechsels berücksichtigt würde. Diese Lücke wurde von der vorliegenden Edition bedauerlicherweise nicht geschlossen. Um alle Brief-Konzepte Goethes zu ermitteln, muss man bis zum Erscheinen der entsprechenden Bände der GB das Briefrepertorium des Goethe- und Schiller-Archivs (http://ora-web.swkk.de/swk-db/goerep/index.html) konsultieren. Die Brief-Konzepte Schillers und die von Goethe im Zuge der Redaktion mit Bleistift in die Original-Handschriften eingetragenen Änderungen des Textes sind in der NA verzeichnet. Manfred Beetz bietet zu jedem Brief ein Verzeichnis der “sinntragenden Abweichungen” des Erstdrucks von den Briefen (MA 8.2:33). Bislang gar nicht aufgearbeitet sind die für den Druck hergestellten Abschriften. Goethes Redaktionsarbeit verdiente jedoch eine umfassende Erschließung, weil sie zur Überlieferungsgeschichte des Briefwechsels gehört und einen wichtigen Teil von Goethes Spätwerk ausmacht.

Das “Prinzip der exakten Wiedergabe” (1:1149) macht die Ausgabe sehr transparent und zuverlässig, ist aber an einigen wenigen Stellen diskussions-bedürftig. Oellers folgt dem Grundsatz der Goethe-Brief-Ausgabe, “fehlende Wörter, Buchstaben oder Satzzeichen nicht zu ergänzen und Konjekturen [Emendationen] nur in den Erl...

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