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Klaus L Berghahn 353 gesamte poetische Struktur des vierten Aktes bestimmt und geprägt wird. Die Belehnungslücke ist nicht einfach eine leere SteUe, sondern ein "schwarzes Loch," dessen Kraftfeld die poetische Struktur des gesamten vierten Aktes in die ihm eigentümliche Spannung versetzt: sie verdichtet, verschiebt, verwirft, verzerrt. Die Kräfte, die diese Lücke produzieren, sind jedoch in der Geschichte zu finden. (S. 341) Das ist—so wiU es scheinen—ein vergleichsweise dünnes, wenn nicht recht abstraktes Ergebnis. Nicht so sehr in historischer Hinsicht, denn dieses Ergebnis stand von Anfang an fest und brauchte nur nochmalige Bestätigung, sondern in poetischer, denn die ermittelte Struktur reduziert den poetischen Reichtum des Textes auf eine "Lücke." Die Interpretation erklärt die poetische Kraft des Textes und seinen Anspielungsreichtum durch etwas Abwesendes, das durch die insinuierende Metapher eines "schwarzen Loches" auch nicht überzeugender wird. Angesichts solcher Ergebnisse frage ich mich, ob die aUegorische Lesart von Schlaffer dem Text nicht doch angemessener ist, denn sie macht die von Marxisten meist verschwiegene allegorische Hermeneutik zur Grundlage seiner Deutung, indem er sie theoretisch und historisch begründet. Nicht nur versteht er den Text von Faust II als groß angelegte AUegorie (im Gegensatz zu Emrichs Symboldeutung), sondern er entwickelt auch eine allegorische Poetik, die er als den historisch angemessenen Ausdruck der kapitalistischen Warengesellschaft versteht. Nicht daß ich mit Schlaffer glaube, daß sich "das Kapital und Faust II wechselseitig kommentieren," aber seine Interpretation erscheint mir poetisch und historisch ergiebiger. Trotz aUer Kritik halte ich die Arbeit von Kruse für einen kühnen Wurf. Sie versucht, nicht ohne Erfolg, die Einsichten des französischen Strukturalismus und Poststrukturalismus auf Goethes FaustII anzuwenden. Er hat dadurch einen frischen Wind in die stagnierende Faust-Forschung gebracht, wie schon die Faust-Debatte von 1976, die Uin stimulierte, mehr und Besseres zu sagen. Ob ihm das in aUen Stücken gelang, bleibe dahingestellt. Jedenfalls kommt die Faust-Forschung nicht umhin, sich in Zukunft mit dieser klugen Arbeit auseinanderzusetzen. University of Wisconsin, Madison Klaus L. Berghahn Neumann, Michael, Das Ewig-Weibliche in Goethes "Faust" (Beiträge zur neueren deutschen Literaturgeschichte, Dritte Folge, Band 69). Heidelberg: Carl Winter Universitätsverlag, 1985. Diese im Wintersemester 1982/83 von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommene Studie unternimmt den Versuch, "die organische Einheit von 'Bergschluchten'-Szene und Gesamt-Drama nachzuweisen und durch die in solchem Nachweis sichtbar werdenden Zusammenhänge das Ewig-Weibliche in der Mannigfaltigkeit seiner Bezüge darzustellen" (S. 7). Damit 354 GOETHE SOCIETY OF NORTH AMERICA hofft Michael Neumann dem abzuhelfen, was er als die Hauptschwäche der bisherigen Interpretationsversuche der "Bergschluchten"-Szene und des Chorus Mysticus ansieht: "die Deuter und Kommentatoren [haben sich] fast durchweg von der Prägnanz des Chorus zu eigener FormeUiaftigkeit verführen lassen" (S. 1). Stattdessen geht es ihm darum ein "konkretes, werkbezogenes Verständnis dessen, was das Ewig-Weibliche Un Faust-Drama bedeutet" (S. 3) zu erarbeiten. Er nähert sich einem solchen Verständnis in drei Schritten. Zunächst versucht er, "in strenger Text-Immanenz" (S. 7) die Gestalt der Szene "Bergschluchten" herauszuarbeiten; dann wendet er sich den Rahmenszenen des Dramas zu und versucht, durch ihre Analyse den Aufbau des gesamten Dramas und die für das Thema des Ewig-WeibUchen wichtige Grundsymbolik der Metamorphose und Wiedergeburt darzusteUen; schließlich untersucht Neumann im dritten Kapitel die "wesentUchen Figurationen des Weiblichen" (Mütter, Galatee, Helena, Mater Gloriosa). In Kapitel I bietet Neumann eine sehr detaillierte sprachliche Analyse der "Bergschluchten"-Szene. Strophe für Strophe, Vers für Vers, wird die Sprache dieser Szene—weit über Kurt May hinausgehend—auf phonetischer, metrischer, syntaktischer und struktureller Ebene analysiert und interpretiert. Dabei gelingt es Neumann, die Entwicklung der Szene in dichtem Detail nachzuverfolgen und darzusteUen. Dieses Kapitel mag zukünftigen Interpreten geradezu als ein Nachschlagewerk für genaueste sprachliche Analysen einzelner Verse und Strophen dieser Szene dienen. Damit soU allerdings durchaus nicht gesagt sein, daß hier etwa eme definitive Interpretation geboten wird. Dazu sind die Stärken dieses Kapitels zu sehr durch Urnen entsprechende Schwächen erkauft. So widersteht Neumann nicht immer der Gefahr, minutiöse Details überzuinterpretieren. Er kommentiert z.B. die Verse 12,024—31 des Dr. Marianus wie folgt: "Wie...

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