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300 Book Reviews reading from cover to cover wUl note an excessive thoroughness that occasionaUy interrupts the argument, but that which is a flaw from my perspective may be a requirement of the genre. University of California, Irvine Gail K Hart Silke SchUchtmann, Geschlechterdifferenz in der Literaturrezeption um 1800? Zu zeitgenössischen Goethe-Lektüren. TübUigen: Niemeyer, 2001. 302 pp. Die vorUegende Studie setzt sich mit der verschriftUchten geschlechtspezifischen Goethe-Lektüren auseinander. Die Autorin geht der Frage nach, ob die Kategorie Geschlecht um 1800 (verstanden als Gender als einer historisch bestimmten, geseUschaftUch-kultureUen Konstruktion) ein den Leseakt bestimmendes Moment ausmacht. Sie kommt dabei zu dem Ergebnis, dass trotz der Tatsache, dass die zeitgenössische Lesesuchtdebatte um 1800 mit groben Geschlechterpolaritäten operiert, die von ihr analysierten Texte zu Goethes Werken ein differenzierteres BUd entstehen lassen. Ihr Ziel ist es, die plakative These, dass Frauen anders gelesen hätten, zu nuancieren. Dazu untersucht sie Briefe von Männern und Frauen in denen sie sich zu ihrem eigenen Lektüreverhalten äußerten. Zu recht geht sie davon aus, dass für den von ihr gewählten Zeitraum der sich ausbreitende literarische Markt und die expansive Briefkultur eine ausreichende QueUengrundlage darsteUen. Zum anderen geht sie von der Annahme aus, dass das Zwei-Geschlechter-ModeU zu diesem Zeitpunkt eine erste KonsoUdierung durchlaufen hatte. Sie fragt nun also ob das Geschlecht ein Faktor im Vorraussetzungssystem der Lesenden ist, der die Lektüre Ui je spezifischer Weise beeinflussen kann. Wenn ja, in welcher Weise wirkt sich die Kategorie Geschlecht auf das Lesen aus? Unter welchen Bedingungen wird dieser Faktor dabei eventueU von anderen Momenten überlagert oder aber durch sie verstärkt? Darüber hinaus fragt sie nach dem Verhältnis dieser Lesepraktiken zum zeitgenössischen Geschlechterdiskurs. SUinvoUer Weise konzentriert sie sich dabei auf das Leseverhalten des gehobenen Bürgertums—was sich natürlich schon aus der QueUenlage ergibt. Methodisch geht sie Ui ihrem Verständnis des Leseakts davon aus, dass die Lektüre sowohl von Prozessen, die aufsteigend vom Text ausgehen, als auch von solchen, die absteigend von den Leser/Innen ausgehen, gesteuert wird (J), wobei die Betonung auf letzterem Aspekt Uegt. Hierbei soU laut SchUchtmann das Voraussetzungssystem (Ui der weibUchen SoziaUsation erworbenes Wissen, emotionalen Disposition, Absichten, Motiven und wertbesetzten EinsteUungen von Frauen, sowie die sozialen Konventionen und Normen, nach denen Frauen sich bewusst oder unbewusst richten [7-8]) Ui die Diskussion mit einbezogen werden. In Ansätzen wird dies auch geleistet. Das Hauptinteresse dieser Arbeit Uegt darauf, sich der Frage nach einer Geschlechterdifferenz beim Lesen auf empirischem Weg zu nähern. TeU 2 setzt sich mit der Forschungssituation zum Postulat einer Geschlechterdifferenz im Lesen um 1800 auseinander. TeU 3 diskutiert Briefe von Bettina Brentano und Carl Friedrich Zelter an Goethe, die sich mit der Lektüre seiner Werke beschäftigen. Die beiden nächsten Kapitel besprechen TeUaspekten, so z.B. Fragen nach Stoff und Form, EmotionaUtät und Rationaütät, RezeptMtät und Produktivität, identifikatorischer Lektüre, und nach bestimmten Lebens-orientierungen. Ergebnis ihrer Auswertung ist, dass der polare Lesediskurs in keinem klaren Entsprechungsverhältnis zur kultureUen Praxis des Lesens steht, sondern eine größere Differenziertheit aufweist. So ist zum Beispiel die Liebe zum Autor als Goethe Yearbook 301 Lektüreeffekt kein ausschUeßUch weibUches Phänomen. Wo sich bei der Lektüre geschlechtsspezifische Unterschiede ausmachen lassen, führt Schlichtmann dies auf die geschlechtspezifisch voneinander abweichenden Lebenserfahrungen und -erwartungen zurück. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen kommt es zu gravierenden Unterschieden bei der Lektüre, die jedoch auf verschiedene ästhetische Präferenzen und Voraussetzungen innerhalb desselben Geschlechts zurückzuführen sind. Das Geschlecht sei nur ein Einflussfaktor unter mehreren und ist bei Frauen auch davon bestimmt, wie sehr sie sich jeweUs mit ihrer geseUschaftlich zugeschriebenen GeschlechterroUe identifizieren. Die Stärke der Arbeit besteht Ui der empirischen Differenzierung der kanonisierten Leseforschung zum 18. Jahrhundert (Erich Schön), die aUerdings von anderen FragesteUungen ausgeht, und dabei den Lesesuchtdiskurs mit seiner Polemik erfassen. Methodisch Neues Uegt jedoch weder in Bezug auf Rezeptionsnoch auf Gendertheorien vor. Beide Theoriekomplexe werden daher auch nur kurz einführend angesprochen. Insgesamt steUt die Studie smnvoUes Material zur Differenzierung des geschlechtspezifischen Leseverhaltens zusammen und wftd ihrem Anspruch...

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