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3© 2003 Institute of Southeast Asian Studies, Singapore II INVESTITIONEN IN DIE ZUKUNFT Staat und Wirtschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts Gerhard Schröder Sehr geehrter Herr Vizepremierminister, sehr geehrter Herr Direktor, Exzellenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie kaum ein anderer Ort regt Singapur dazu an, über Fragen nachzudenken, die über die Gegenwart und den eigenen Kulturkreis hinausgehen; denn Singapur — das wird immer wieder deutlich, wenn man es besucht — ist eine beeindruckende Mischung aus Tradition und Moderne, in der sich Asiaten, Amerikaner und vor allen Dingen auch Europäer wiederfinden können. Singapur — das sagen wir mit großem Respekt — ist in vielerlei Hinsicht eine Erfolgsgeschichte: Durch ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum über viele Jahre hat das Land ein hohes Wohlstandsniveau erreicht. Singapur setzt dabei konsequent auf Spitzentechnologie und auf die Bedingung dafür, nämlich wissenschaftlichen Fortschritt. Darum ist Singapur für meine Regierung und auch die deutsche Wirtschaft und deutsche Universitäten jetzt und für die gesamte Zukunft ein bedeutender Partner. Gerade weil Singapur und Deutschland, Europa und Südostasien manch vergleichbaren Erfolg vorweisen können, stehen wir — trotz aller Unterschiede, die es in unseren Gesellschaften gibt — vor vielen ähnlichen Herausforderungen. Wir können dabei voneinander lernen, wenn wir intensiv miteinander kooperieren, und um das zu 4© 2003 Institute of Southeast Asian Studies, Singapore befördern, bin ich unter anderem hier. Wer nämlich allein auf nationale Antworten vertraut, wird nicht den (selben) Fortschritt erreichen wie Staaten, die sich offen zeigen gegenüber Lösungsansätzen von Außen und durch Kooperationen. Dabei kann unumwunden zugegeben werden, dass es weder europäische noch amerikanische noch asiatische Patentrezepte gibt. Unser Wohlstand und unsere Sicherheit sind eng mit Wohlstand und Sicherheit in anderen Teilen der Welt verflochten, und dass das so ist, wird immer deutlicher. Welche Gefährdungen in Bezug auf diesen Wohlstand vorhanden sind, wird insbesondere dann deutlich, wenn es in Situationen wie diesen um die gemeinsame Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten geht. Meine Damen und Herren, in einer erweiterten Europäischen Union und in den ASEAN-Staaten leben mehr als eine Milliarde Menschen. Sie erwirtschaften miteinander und im Austausch miteinander fast die Hälfte des Welthandels. Beide Regionen sind über enge Handels- und Investitionsbeziehungen miteinander verbunden. Das war so, das soll so bleiben und das kann und muss man im Interesse beider noch besser machen. Um die Bedeutung dieser Region zu verstehen, muss man übrigens wissen, dass das deutsche Handelsvolumen mit den ASEAN-Ländern inzwischen größer ist als der Handel mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Deutsche Unternehmen sind in allen Ländern der Region seit vielen Jahren aktiv, und — das ist auch für mich das Entscheidende — sie haben sich als verlässliche Partner erwiesen, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Sie bleiben gerade dann, wenn es nicht einfach ist. Sie sind also ganz verlässliche Partner, und das wollen wir Deutsche politisch auch sein. Ich weiß, dass die ASEAN-Staaten, besonders das traditionell freihändlerische Singapur, an dem Ausbau und der Vertiefung der Handelsbeziehungen zur Europäischen Union, also nicht nur zu Deutschland, interessiert sind, und das ist richtig so. Dies gilt auch für Deutschland als wichtigster Handelspartner Asiens in der EU. Auch wir wollen den Erfolg nicht nur für uns alleine haben, sondern [18.221.187.121] Project MUSE (2024-04-25 11:22 GMT) 5© 2003 Institute of Southeast Asian Studies, Singapore für das ganze, zusammenwachsende Europa. Wir wollen bilateral mit ASEAN mehr erreichen, als wir gemeinsam in der laufenden Doha-Welthandelsrunde durchsetzen können. Unsere Vorstellungen gehen über den gegenseitigen Zollabbau hinaus. Wir denken z. B. an gemeinsame technische Standards, an die Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte und die Festlegung klarer Regeln für Investitionen. Ich denke, gerade auf diesem Gebiet kann die verlässliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Singapur durchaus beispielhaft wirken. Zur Vorbereitung einer derartigen, vertieften Zusammenarbeit wird es ab 2004 die EUASEAN -Handelsinitiative TREATI geben. Sie soll den Weg für eine echte und umfassende Freihandelszone zwischen der EU und ASEAN bereiten. Die Bedeutung der engen wirtschaftlichen Beziehungen geht weit über den Austausch von Waren und Dienstleistungen hinaus. Die Europäische Union sucht starke Partnerorganisationen, weil wir viele Probleme in der Welt nur durch Vereinbarungen zwischen Regionalorganisationen lösen können. Wir möchten die bestehende Partnerschaft von EU und ASEAN ausbauen. Dies wird dann optimal gelingen, wenn die südostasiatischen Länder ihre eigene Integration vorantreiben. Europa denkt keinesfalls daran, sich Modellcharakter zuzuschreiben, aber vielleicht macht es vor dem Hintergrund der europäischen historischen...

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