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Reviewed by:
  • Literarischer Pazifismus und pazifistische Literatur. Bertha von Suttner zum 100. Todestag ed. by Johann Georg Lughofer and Stéphane Pesnel
  • Cindy Walter-Gensler
Johann Georg Lughofer und Stéphane Pesnel, Hrsg., Literarischer Pazifismus und pazifistische Literatur. Bertha von Suttner zum 100. Todestag. Würzburg: Könighausen & Neumann, 2016. 257 S.

Der Roman Die Waffen nieder! (1889) ist zweifelsohne Bertha von Suttners bekanntestes Werk und hat maβgeblich zu ihrem Ruf als pazifistische Autorin und interrnationale Friedenstifterin beigetragen. Auch in der Sekundärliteratur wird dem Roman und seiner Autorin als populäre Symbolfigur der Friendesbewegung viel Aufmerksamkeit geschenkt. Suttners andere schriftstellerische und journalistische Arbeiten, sowie ihre vielfältigen Rollen als Vordenkerin des vereinten Europas, als Pionierin für die Rolle der Frau in der Gesellschaft, als Gegnerin nationalistischer, antisemitischer, und chauvinistischer Strömungen, und nicht zuletzt als eine der ersten Frauen, die Öffentlichkeitsarbeit so wie wir sie heute kennen, in die Politik eingeführt hat, wurden in der Vergangenheit kaum diskutiert. Der vorliegende Sammelband mit seinen 18 Beiträgen aus unterschiedlichen [End Page 123] Bereichen, von Genderforschug bis Verlagswesen, welche die bisher unterbeleuchteten Facetten des Lebens und Schaffens Suttners thematisieren, bietet daher eine willkommene Ergänzung zur existierenden Forschungsliteratur. Darüberhinaus decken die Aufsätze intertextuelle, ästethische, und politische Einflüsse und Wechselwirkungen auf, die Suttners Werk in neuem Licht erscheinen lassen. Besonders die aufgezeigten Parallelen zu anderen (pazifistischen) AutorInnen von Robert Musil und Stefan Zweig über Mór Jókai bis Irma von Troll-Borostyáni, als auch pazifistischer Literatur im Allgemeinen betreffend, rechtfertigen den Titel des Buches, Literarischer Pazifismus und pazifistische Literatur.

Da an dieser Stelle nicht alle der 18 Beiträge ausführlich diskutiert werden können, beschränkt sich diese Buchbesprechung auf besonders herausragende Stärken und Schwächen einzelner Artikel bzw. des Sammelbandes. Was den letzteren betrifft, so sei vorweggesagt, dass nur Leser die sowohl Deutsch als auch Französisch verstehen, bei der Lektüre des Buches voll auf ihre Kosten kommen, denn die Aufsätze sind zur einen Hälfte auf Deutsch und zur anderen Hälfte auf Französisch verfasst. Dies erklärt sich dadurch, dass Johann Georg Lughofer und Stéphane Pesnel anlässlich Suttners 100. Todestag eine internationale Tagung in Paris veranstaltet und die Tagungsbeiträge in diesem Sammelband zusammengestellt haben. In diesem Zusammenhang muss leider bemängelt werden, dass die Herausgeber es anscheinened versäumten, einzelne Autoren mehr zu motivieren, ihre Arbeiten für ein Buchprojekt entsprechend zu überarbeiten. Erika Tunners Aufsatz “Conscience contre violence: Bas les armes! [Die Waffen nieder!],” der die Meinung vertritt, dass Suttners Hauptwerk kein Tendenzroman ist, sondern tiefgreifende Fragen aufwirft, unter anderem wie man Verhandlungsstrategien entwerfen kann, die gegen Fanatismus mobilisieren aber gleichzeitig Sicherheit bewahren (49), ist so ein Fall. Während Tunner ihre These originell präsentiert, ist der Beitrag nur ganze fünf Seiten lang. Der eher skizzierte Tagungsbeitrag lässt daher eine tiefgreifende Behandlung des Themas nicht zu. Darüberhinaus würden mehr Textbeispiele die an sich gute Argumentation noch überzeugender erscheinen lassen.

Ebenfalls wünschenswert für den Sammelband wäre es gewesen, dem Leser zu Beginn einen Überblick mit Inhaltsangaben der wichtigsten, besprochenen Romane und Essays zu geben. Da sich mehrere Beiträge mit den selben Werken Suttners beschäftigen (Die Waffen nieder!, Das Maschinenalter, und Der Menschheit Hochgedanken), hätte man so zahlreiche [End Page 124] Überschneidungen vermeiden und stattdessen mehr für das jeweilige Projekt zusätzliche, relevante Quellen einbauen können. Zum Bespiel setzen sich mehrere AutorInnen mit Suttners bisher kaum beachteter Arbeit Das Maschinenalter (1897) auseinander. Während beispielsweise Christa Gürtler das Werk unter dem Gesichtspunkt einer Verbindung zwischen Frauenfrage und Pazifismus untersucht, konzentriert sich Henriett Kovács auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Suttners utopischen Zukunftsbildern und denen im Roman des künftigen Jahrhunderts (1878) des ungarischen Schriftstellers Mór Jókai. Beide Aufsätze sind ausgezeichnet geschrieben und greifen Themen auf, die bislang von der Forschung ungenügend, beziehungsweise gar nicht aufgegriffen worden sind. Jedoch wünscht sich dieser Leser anstatt der sich mehrfach wiederholenden Inhaltsangaben zusätzliche individuelle Textanalysen, beziehungsweise detailliertere Argumentationen, was die vorliegenden sehr guten Essays sogar noch verbessern könnte.

Abgesehen von diesen Kritikpunkten muss man den Herausgebern...

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