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  • Der Altar als Bühne – Die Kollegienkirche als Aufführungsort der Salzburger Festspiele by Constanze Schuler
  • Regina Wohlfarth
Constanze Schuler . Der Altar als Bühne – Die Kollegienkirche als Aufführungsort der Salzburger Festspiele. Mainzer Forschungen zu Drama und Theater . 37. Tübingen : Francke Verlag , 2007 , 279 Seiten.

Der Theatermacher und Festspielgründer Max Reinhardt bezeichnete das Bayreuther Festspielhaus als “vielleicht das Genialste” der Werke Richard Wagners. Er selbst ging jedoch in Salzburg einen anderen Weg. Stand am Beginn des Festspielprojektes 1876 in Bayreuth der Bau des Festspielhauses auf dem Grünen Hügel, so sollte in Salzburg indessen die ganze Stadt zur Szene werden. Dazu wurden mehrere bereits vorhandene Örtlichkeiten, geschlossene Räume wie auch offene Plätze zu Spielstätten erkoren. Erst fünf Jahre nach Festspielgründung wurde durch Umbau des Marstalls das erste Salzburger Festspielhaus eröffnet.

Das Gründerkollektiv der Salzburger Festspiele setzte von Beginn an auf ein mehrere Sparten umfassendes Repertoire mit Schauspiel und Oper –“Beides und von beiden das Höchste”1. Zudem sprachen nach dem Ersten Weltkrieg und seinen Folgen die materiellen Rahmenbedingungen zunächst gegen ein großes Bauprojekt.

Begonnen hatten die Salzburger Festspiele 1920 auf dem Domplatz mit sechs Vorstellungen von Hofmannsthals Jedermann. 1921 wurde das Festspiel auf Stadttheater, Reitschule, Naturtheater [End Page 221] Mirabellgarten sowie das Mozarteum ausgedehnt. Im Jahr 1922 wurde schließlich die mächtige Kollegienkirche bespielt, die nach dem Dom zweitgrößte Kirche der Stadt Salzburg.

Für den Regisseur, Theaterleiter und Festspielgründer Max Reinhardt war das Theater ein aus dem Alltag herausgenommener und gleichzeitig in ihm wurzelnder Bereich des Lebens. Auf dieser Grundlage bemühte er sich, auch bei den Salzburger Festspielen, um Erneuerung traditioneller Theaterformen, Erweiterung des Repertoires, Stärkung der Regiearbeit. Die Einbeziehung neuer Räume und Szenen wie der Domfassade und dem Domplatz war ein wesentlicher Aspekt dieser Strategie.

Erbaut in den Jahren 1694–1707 von Johann Bernhard Fischer von Erlach, dem späteren kaiserlichen Hofbaumeister, wurde die Kollegienkirche für Professoren und Studenten der 1623 eröffneten Universität, die bisher Gottesdienste in der Aula abgehalten hatten, wo auch die “Comoedien und andere prophana” aufgeführt wurden, zum würdigen Gotteshaus. 1810–1918 war die Kollegienkirche Garnisonskirche, seit 1962 ist sie wieder Pfarrkirche der wiedereröffneten Universität.

Der Kollegienkirche als Spielstätte der Salzburger Festspiele hat die Theaterwissenschaftlerin Constanze Schuler ihre Dissertation gewidmet, die im Rahmen des von der DFG geförderten Graduiertenkollegs “Raum und Ritual: Funktion, Bedeutung und Nutzung sakral bestimmter Räume und Orte” an der Universität Mainz entstanden ist. Während einer studienbegleitenden mehrjährigen Mitarbeit in der Dramaturgie der Salzburger Festspiele, in der sie umfassend in den Festspielbetrieb wie auch die Festspielgeschichte eintauchen konnte, stieß die Autorin dort auf diese reizvolle und bisher wissenschaftlich noch nicht detailliert beleuchtete und reflektierte Themenstellung.

Die Arbeit ist logisch aufgebaut, klar strukturiert und in drei große Teile mit insgesamt zwölf Kapiteln gegliedert und geht den in der Theaterwissenschaft bisher weitgehend vernachlässigten Wechselbeziehungen zwischen Raum und Ritual nach. Im Zentrum der Studie steht die Untersuchung zum Verhältnis von Raum und Ritual an der Schnittstelle von Theater und Festspiel und die Klärung der zunehmenden Bedeutung sakraler Räume als Bezugspunkt für zeitge-nössisches Theater in der säkularisierten Welt des 20. Jahrhunderts. Es wird der Frage der Konstruktion eines sakralen Raums im Rahmen von Festspielen nachgegangen und die Konsequenzen der Nutzung des Kirchengebäudes als Theaterraum, die Adaption ritueller Handlungssequenzen sowie die Ritualisierung des Theaterereignisses untersucht.

Im ersten Teil werden grundlegende theoretische und methodische Prämissen formuliert, die Kategorien Raum und Ritual im gegenwärtigen Diskurs der Theaterwissenschaft reflektiert und schließlich der sich nicht auf das theaterwissenschaftliche Methodenrepertoire beschränkende kulturwissenschaftliche und interdisziplinär orientierte Forschungsansatz kommentiert und begründet. Der zweite Teil gibt einen Überblick zur Konstellation “Salzburger Festspiele und sakraler Aufführungsort” auf der Grundlage der Festspielkonzeption von Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal. Der dritte Teil ist den großen bislang in der Kollegienkirche gezeigten Inszenierungen gewidmet und in Werkbeschreibungen wie Inszenierungsanalysen ausgeführt:

  • – 1922 Hugo von Hofmannsthal: Salzburger Großes Welttheater (UA, Inszenierung: Max Reinhardt)

  • – 1969 Emilio de’ Cavalieri: Rappresentatione di Anima e di Corpo, geistliche Oper...

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