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  • Theater und 19. Jahrhundert ed. by Petra Stuber, Ulrich Beck
  • Antje Tumat
Petra Stuber , Ulrich Beck (Hg.). Theater und 19. Jahrhundert. Schriften der Hochschule für Musik und Theater “Felix Mendelssohn Bartholdy” 2 . Hildesheim, Zürich, New York : Georg Olms Verlag , 2009 , 245 Seiten.

Im Zentrum des Bandes Theater und 19. Jahrhundert steht die Idee der Grenzüberschreitung [End Page 219] zwischen (Theater-)theorie und (Theater-)praxis einerseits und den Disziplinen Theater-, Musikund anderen Kulturwissenschaften andererseits. Der Band besteht aus zwei Teilen, die in unterschiedlichen Kontexten entstanden sind: Die wissenschaftlich ausgerichteten Aufsätze des ersten Abschnitts unter dem Titel “Aufführungspraxis im 19. Jahrhundert” gehen auf das 2008 an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig gehaltene Kolloquium “Theater/Musik im 19. Jahrhundert” zurück. Im Mittelpunkt dieser Untersuchungen steht die Musik in Schauspielaufführungen – allerdings letztlich vor allem aus “theaterhistoriographischer” (Petra Stuber, S. 9) Perspektive. Der zweite, von Studierenden des Studiengangs Dramaturgie verfasste Teil “Gegenwärtige Inszenierungen” geht aus einem Workshop aus dem Jahre 2007 hervor, in dem über aktuelle Inszenierungen von Dramentexten aus dem 19. Jahrhundert diskutiert wurde.

Mit einem berühmten Sonderfall der Schauspielmusikgeschichte beginnt Susanne Boetius den wissenschaftlichen Teil des Bandes: In ihrem Beitrag über “Felix Mendelssohn Bartholdys Schauspielmusiken zu Antigone und Ödipus in Kolonos” rekonstruiert sie die Folgen der Aufführungsbedingungen im Potsdamer Palais für die Besetzung dieser Musiken, die im Auftrag des Preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. entstanden. Wie Gesine Schröder im folgenden Text zeigt, fand Heinrich Bellermann in seiner Musik zu Sophokles gänzlich andere kompositorische Lösungen zur Wiederbelebung der griechischen Tragödie: in “barockisierendem” Stil und mit dem Versuch, eine “würdige ausdrucksvolle Melodie zu erfinden, welche nicht an die moderne Oper erinnert” (Chrysander bei Schröder, S. 46). Schröder geht es in ihren Überlegungen nicht um die Qualität der Kompositionen Bellermanns, sondern um ästhetische Fragestellungen im Hinblick auf die griechische Tragödie mit zeitgenössischer Musik im 19. Jahrhundert.

Nach diesen Beiträgen über Aufführungen in Berlin und Potsdam wendet sich Johann Hüttners Text der “Aufführungspraxis im Wien des frühen 19. Jahrhunderts am Beispiel von Franz Grillparzer und Ferdinand Raimund” zu. Seine Ausführungen offenbaren einmal mehr die fließenden Grenzen zwischen den Bühnengattungen unserer Musikgeschichtsschreibung. Sie machen neugierig auf eine genaue Betrachtung der Wiener Quellenlage von Textbüchern und Musikalien. Letztere hat Maren Goltz in ihrem Text über “Die Praxis der Bühnen- und Zwischenaktmusik bei den Theateraufführungen der Meininger wäh-rend der Regierungszeit Herzog Georgs II. von Sachsen-Meiningen (1866–1914)” für das Meininger Hoftheater aufgearbeitet und damit eine Lücke in der Schauspielmusikforschung geschlossen. Vor allem im deutschen Sprachraum des 19. Jahrhunderts bildete jede Bühne eine eigene regionale Tradition heraus. Es erscheint daher sinnvoll, wie hier ein Theater über einen bestimmten Zeitraum unter konstanten institutionellen Rahmenbedingungen zu betrachten. Maren Goltz bestätigt die bisherigen Erkenntnisse der Schauspielmusikforschung auch für Meiningen: Die Musik im Sprechtheater fand keine bis kaum Erwähnung in den Rezensionen oder auf den Theaterzetteln. Die Aufführungen waren aber dennoch mit sorgfältig ausgewählter, allerdings sehr kurzer – durch den Anschein von historisch stimmiger “Originalität” in das Inszenierungskonzept des Meininger Hoftheaters integrierter – Musik versehen.

Lars Gebhardt und Jörg Rothkamm stellen Gattungsfragen in den Mittelpunkt ihrer Beiträge. Lars Gebhardt verfolgt in “‘. . .eine Abgeburt, welche aus gräulichen Inceste entsteht. . .’– Hector Berlioz' Huit Scènes de Faust als Schauspielmusik?” die These, dass Berlioz' Huit Scènes de Faust ursprünglich als Schauspielmusik konzipiert waren. Jörg Rothkamm (“Gattungsspezifisch komponiert? Französische und deutsche Musik zur Pantomime in Ballett, Oper und Schauspiel zwischen 1828 und 1841”) zeigt in seinem Text auf, wie in allen drei Gattungen Ballett, Oper und Schauspiel Pantomimenmusik Anlass für kompositionsgeschichtliche Innovationen gab.

Wolf-Dieter Ernst schließlich geht in seinem Beitrag zur “Schauspielerausbildung am Beispiel der königlichen Musikschule in München ab 1874” einem wenig aufgearbeiteten Thema nach. Ernst betont noch für das letzte Viertel des 19. Jahrhunderts die enge Verknüpfung von Schauspieler- und Sängerausbildung und zeigt auf, “dass Schauspieler in dieser Zeit selbstverständlich auch Darsteller in der Oper und im Musikdrama waren” (S...

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