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Reviewed by:
  • Inszenierung der Antike. Das griechische Drama auf der Bühne. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart by Hellmut Flashar
  • Julia Stenzel
Hellmut Flashar . Inszenierung der Antike. Das griechische Drama auf der Bühne. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Zweite, überarbeitete und erweiterte Auflage . München : C. H. Beck , 2009 , 428 Seiten.

Als Hellmut Flashars Buch zur Inszenierung der Antike auf der Bühne der Neuzeit 1991 erschien, war es das erste seiner Art im deutschsprachigen Raum: Erstmals stand die Bühnenpräsenz des griechischen Dramas im Zentrum einer Monografie. Der Titel des Bandes deutet an, dass in der Inszenierung antiker Dramen immer auch das Antike- und das Selbstverständnis der Inszenierenden eine Rolle spielt: Antiken im Plural sind das Thema, eine Relation zweier Epochen, nicht kontextisolierte Dramentexte. Das lässt auf eine kultur- und theaterhistorische Einbettung hoffen; auf eine Darstellung, die sich nicht mit Detail-analysen begnügt. Und dieses Versprechen löst die Studie in weiten Teilen ein. So überrascht es nicht, dass etliche Rezensenten dem Band trotz Kritik im Detail einmütig den Charakter eines zukünftigen Standardwerks bescheinigten. Die neuere Forschung gibt den Prognosen Recht: Bis heute kommt eine Auseinandersetzung mit der Gegenwart des antiken Theaters an Flashar nicht vorbei. So ist es mehr als erfreulich, dass das Werk 2009 in einer erweiterten Neuauflage erscheint. Allerdings lässt schon die Einleitung ahnen, was der Band dann bestätigt: Die zweite Auflage ist nahezu textidentisch mit der ersten; es kommt lediglich ein Kapitel zur jüngsten Vergangenheit hinzu.

Das im Anmerkungsapparat ergänzte Einführungskapitel (I) gibt einen Überblick über die antiken Aufführungsbedingungen; es bietet nach wie vor eine solide Grundlage für die folgenden historisch-kommentierenden Ausführungen. Flashar lässt die Inszenierungsgeschichte des Attischen Dramas auf der Bühne der Neuzeit erst mit den Experimenten des Weimarer Hof-theaters wirklich beginnen; zwischen der Inszenierung des Ödius (Edipo re) auf der Bühne des Teatro Olimpico in Vicenza 1585 (dazu Kap. II) und dem ausgehenden 18. Jh. sei griechische Tragödie und Komödie “nur mittelbar präsent, in Bearbeitungen, Umdichtungen und mit fremden Zutaten” (S. 32). Dieser mittelbaren Präsenz ist nichtsdestotrotz ein eigenes Kapitel gewidmet (Kap. III), in dem Flashar einen Überblick v. a. über die Situation in der Romania liefert. Die folgenden Kapitel zeichnen die Entwicklung nach von der Antike-Rezeption in Weimar (Kap. IV) über politische Funktionalisierungen in Preußen (Kap. V) bis hin zur Vereinnahmung durch das Bildungsbürgertum in der 2. Hälfte des 19. Jh. (Kap. VI), um an der Wende zum 20. Jh. im Kontext der Theaterreform neue Formen der Präsentation des antiken Dramas zu diagnostizieren (Kap. VII). Neben den ‘üblichen Verdächtigen’ wie etwa Max Reinhardt thematisiert Flashar auch Randfiguren der Theatergeschichte wie Max Oberländer. Ähnliches gilt für die Ausführungen zum Theater der Weimarer Republik (Kap. VIII) und des Nationalsozialismus (Kap. IX). Diese Kapitel wurden, wie auch die zur Nachkriegsgeschichte und zu den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik (Kap. X, XI), bis auf einige Straffungen unverändert übernommen.

Angesichts der facettenreichen Diskussion der ersten Auflage konzentriert sich die Besprechung hier auf neu Hinzugekommenes und größere Abweichungen. Leider hat Flashar Anmerkungen der theaterwissenschaftlichen wie der altphilologischen Rezensionen zur Erstauflage großenteils nicht berücksichtigt – sie hätten zur historischen Tiefenschärfe beitragen können. Dass der Text über weite Strecken unbearbeitet bleibt, verleiht ihm einen zuweilen anachronistischen Ton. Kennern der Auflage von 1991 mag auffallen, dass erkleckliche Teile des Abschnitts zur “globalisierten Antike” aufs Wort einem nun entfallenen Unterkapitel der Erstauflage entsprechen. Wenngleich Flashar 2009 in der Bewertung des Regie-theaters vorsichtigere Töne anschlägt, so sieht er das Verhältnis von Text und Theater doch als [End Page 218] prinzipiell unumkehrbare Abhängigkeitsrelation. Bezeichnend ist das Fazit zu den jüngsten Entwicklungen: Die Überschrift, “Anschwellender Bocksgesang”, ist bekanntlich der Titel eines Essays von Botho Strauß. Der Titel soll aber lediglich “anzeigen, daß [. . .] die Präsenz des antiken Theaters [. . .] stark ‘angeschwollen’ ist” (S. 281). Diese Bemerkung weist auf ein Kernproblem der Darstellung: Angesichts der Fülle des Materials kapituliert die Analyse und geht vielerorts über globale Anmerkungen nicht hinaus. Unter dem Titel “Das Repertoiretheater” werden schlie...

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