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Reviewed by:
  • Sonett-Künste. Mediale Transformationen einer klassischen Gattung ed. by Erika Greber und Evi Zemanek
  • Monika Schmitz-Emans
Sonett-Künste. Mediale Transformationen einer klassischen Gattung. Herausgeben von Erika Greber und Evi Zemanek. Dozwil, CH: Edition Signathur, 2012. 560 Seiten + 145 Abbildungen. €36,00.

Dem Sonett, seiner Geschichte, seiner Ästhetik und seinen vielfältigen Spielformen hat die 2011 verstorbene Erlanger Komparatistin Erika Greber in ihrer 2002 erschienenen Habilitationsschrift Textile Texte. Poetologische Metaphorik und Literaturtheorie. Studien zur Tradition des Wortflechtens und der Kombinatorik ein umfangreiches Kapitel gewidmet, und ein Blick in dieses profunde Kompendium zur europäischen Poetik- und Lyrikgeschichte verdeutlicht, woran der nun vorliegende Sammelband mit Abhandlungen zum Thema "Sonett-Künste" anschließt: Integriert in eine großangelegte Darstellung der Konzeptgeschichte des Webens und Flechtens in der Geschichte der europäischen Dichtung und ihrer Poetik, beleuchtet Greber das Sonett als eine proteische Gattung, die Lyriker, Visualdichter und bildende Künstler immer wieder zu neuen Modifikationen ihrer traditionsreichen Grundform stimuliert. Als wichtige Spielform kombinatorischer Dichtung spielt das Sonett Grebers Befunden zufolge zudem eine wichtige Rolle als Paradigma strukturalistischer Poetik. Und [End Page 323] die Möglichkeit des reflexiven Spiels mit der Zahl 14 und konstitutiven Strukturprinzipien des Sonetts lädt zu autoreferenziellen Schreib- und Gestaltungsexperimenten offenbar in besonderem Maße ein. Ein über 70 Seiten umfassender Beispielteil illustriert in Grebers Buch von 2002 die Fülle an Gestaltungsmöglichkeiten, die Schriftsteller und Künstler der Sonettform unter Nutzung verschiedener Zeichentypen, Darstellungsmedien, Strukturmuster, Genrekonventionen und Zitate seit der Entstehung des Sonetts, vor allem aber in jüngerer Zeit abgewonnen haben.

Der nun vorgelegte Sammelband dokumentiert die Ergebnisse einer von Erika Greber veranstalteten Tagung von 2009, welche der Frage nach Gestaltungsoptionen, impliziter Poetik, Poetikgeschichte und intermedialen Spielformen des Sonetts weiter nachgegangen ist und dabei vor allem die Breite des medialen Spektrums jüngerer Sonettkunst eindrucksvoll demonstriert hat. Der Band weist durch die konsequent verfolgte gemeinsame Fragestellung nach dem spezifischen Kunst-Charakter des Sonetts und seiner Rolle als transmedial relevantes Paradigma von Artifizialität und Autoreferenz die Konsistenz einer Monographie auf. Erika Greber hat das Erscheinen des gemeinsam mit Evi Zemanek herausgegebenen Buches leider nicht mehr erlebt, und ihr eigener Tagungsbeitrag zur Typologie des Visuellen Sonetts konnte nicht mehr ausgearbeitet werden; an seine Stelle tritt abschließend eine Hommage, welche das Thema und das Erkenntnisinteresse des Bandes im Kontext von Grebers wissenschaftlichem OEuvre verortet (Ina Schabert, Wolfgang G. Müller und Evi Zemanek: "Geheimer Zauber: Erika Greber und das Sonett," 529-538).

Wie schon die Habilitationsschrift, so bietet auch der Band über "Sonett-Künste" eine große Zahl von Beispielen, die dem Leser die visuell-graphische und architektonische Dimension des Sonetts nahebringen, und verbindet so anlässlich der verschiedenen behandelten Themenfelder die konkrete Präsentation von Sonett-Kunstwerken mit deren wissenschaftlicher Kommentierung. Der als "Vorspiel" präsentierte Beitrag von Karl Riha schlägt eine insofern programmatische Brücke zwischen ästhetischer und wissenschaftlicher Darstellung. Riha, der seit den 1980er Jahren mit seinen Bild- und Ding-Sonetten der Gattung ganz neue Gestaltungsoptionen abgewonnen hat, lässt das Sonett in repräsentativen historischen Spielformen—als "prämodern[es], modern[es], postmodern[es]" Phänomen—Revue passieren (27-38). Auf die rezente Konjunktur der Sonettform vor dem Hintergrund eines auflebenden Interesses der Postmoderne an Formen gebundener Dichtung weisen die Herausgeberinnen einleitend zu Recht hin—ebenso wie auf die Beteiligung verschiedener Künste (Dichtung, Bildkunst, Architektur, Musik, Tanz, Theater, Neue Medien) an der Fortschreibung der Sonettgeschichte (vgl. Greber/Zemanek: Einleitung, 11-23).

Die Beiträge des Bandes gliedern sich in drei Gruppen, die das Thema "Sonett-Künste" unter komplementären Leitaspekten in den Blick rücken; die erste ("Gattungsgrenzen, Mediengrenzen") gilt der Sonettform als solcher und literarisch-ästhetischen Reflexionen über diese Form. Sie lenkt den Blick auf die für das Sonett konstitutiven Merkmale sowie auf literarisch-ästhetische Formen und Experimente, die sich spielerisch mit diesen Merkmalen auseinandersetzen, indem sie etwa gegen die Spielregeln des Sonetts verstoßen bzw. diese modifizieren—und insofern das Sonett von seinen Grenzen her erkunden. Fundamental für Formen und Gestaltungsoptionen des Sonetts ist zunächst einmal Numerisches; Thomas Borgstedts Beitrag über "Die Zahl im Sonett als Voraussetzung seiner Transmedialität" (41-59) leitet diese Abteilung aus guten Gr...

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