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  • Einiges über Aufgabe und historische Stellung der "Logischen Untersuchungen"
  • Edmund Husserl

[E. Husserl]
[Einiges über] Aufgabe und historische Bedeutung [Stellung] der []Logischen Untersuchungen.["]

(Aus der Einleitung zu den Vorlesungen über „Phänomenologische Psychologie", S.S.1925.)

[E Husserl: Die „Log. Unt." in Beziehung auf die neuere Psychologie]

Das Hauptthema der 1900/01 erschienenen Logischen Untersuchungen war die Klärung der reinen Idee der Logik im Rückgang auf die im logischen Bewusstsein, im Erlebniszusammenhang logischen Denkens sich vollziehende Sinngebung oder Sinnesleistung. Genauer gesprochen, es handelte sich in den einzelnen Untersuchungen des 2. Bandes um eine Rückwendung der Intuition auf die logischen Erlebnisse, die sich in uns, wenn wir denken, abspielen, die wir aber gerade dann nicht sehen, nicht aufmerkend im Blick haben, wenn wir die Denktätigkeit in natürlich ursprünglicher Weise vollziehen. Der Denkende weiss nichts von seinen Denkerlebnissen, sondern nur von den Gedanken, die sein Denken fortlaufend erzeugt. Es galt dieses verborgen sich abspielende Denkerleben durch nachkommende Reflexion in den Griff zu bringen und in getreuen deskriptiven Begriffen zu fixieren; es galt ferner das neu sich ergebende Problem zu lösen, nämlich verständlich zu machen, wie sich in der Leistung dieses inneren logischen Erlebens die Gestaltung aller jener geistigen Gebilde vollzieht, die im aussagend urteilenden Denken hervortreten als mannigfach sich formende Begriffe, Urteile, Schlüsse usw. und die in den Grundbegriffen und Grundsätzen der Logik ihren generellen Ausdruck, ihre allgemeine objektiv geistige Prägung finden.

Voran ging in den Logischen Untersuchungen eine wichtige Vorarbeit. Sie galt der reinen Erfassung dieser geprägten Sinnesgestalten selbst und der Bekämpfung aller empiristischen bezw. psychologistischen Einmengung psychologischer Gehalte denkenden Tuns in die logischen Begriffe und Sätze selbst. Z.B. der ausgedrückte Satz, der im logischen Denken als Ergebnis gewonnene, enthält als Sinngebilde, in seinem Sinne selbst, nichts vom Denken, so wenig wie die im zählenden Erleben gezählte Zahl in ihrem Sinnesgehalt etwas vom psychischen Tun des Zählens enthält. Zahlen, Sätze, Wahrheiten, Beweise, Theorien in ihrer idealen Objektivität bilden ein in sich geschlossenes Reich von Gegenständen-nicht Dingen, nicht Realitäten, wie [End Page 268] Steine oder Pferde, aber eben doch Gegenstände. Ein Satz, eine Zahl ist kein reales Vorkommnis im Weltall, also nicht da und dort in individueller Einmaligkeit vorkommend, sich bewegend oder ruhend und reale Kausalität übend. Das gilt nur von der geschriebenen Zahl und vom jetzt oder ein andermal ausgesprochenen Satz. Aber der schriftliche Ausdruck einer Zahl oder einer Setzung, bezw. der Ausspruch ist nicht der Satz selbst und die Zahl selbst: wie das schon Leibniz, ja früher schon die Scholastik gesehen, und Bolzano zu konsequenter Auswirkung gebracht hat. Dergleichen irreale oder wie man auch sagt ideale Gegenstände sind in ihrer numerisch-identischen Einzigkeit Substrate wahrer und falscher Urteile, genau so wie reale Gegenstände; umgekehrt sagt Gegenstand im allgemeinsten logischen Sinne nichts anderes als ein Irgendetwas, worüber sinnvoll und in Wahrheit ausgesagt werden kann.

Es musste also in den systematisch-kritischen Vorbetrachtungen des 1. Bandes der Logischen Untersuchungen zweierlei durchgekämpft werden:

  1. 1. gegen den logischen Psychologismus die Irrealität und doch Gegenständlichkeit, das ideale identische Sein derartiger Gegen-stände, wie es Begriffe, Sätze, Schlüsse, Wahrheiten, wahre Beweise usw. sind. Das beschloss in sich, dass diese Gegenstände Bedeutungs-einheiten sind, derart, dass im Sinngehalt selbst nichts von den psychischen Akten und sonstigen subjektiven Erlebnissen vorkommt, die das wechselnde Bewusstsein von den Gegenständen ausmachen. Psychische Akte gehören, wie ihre Subjekte, selbst der realen Welt an.

  2. 2. und in naher Beziehung zu dem eben Gesagten: es gibt zugehörig zu den idealen Gegenständlichkeiten rein ideale Wahrheiten, die nichts über die Welt, nichts über Reales aussagen. So spricht die reine Logik in der Syllogistik über reine Begriffe und reine Sätze, ebenso spricht die reine Arithmetik über reine Zahlen der Zahlenreihe Gesetzeswahrheiten und Theorien aus, in deren Sinn nicht das Leiseste ausgesagt wird über die raumzeitliche faktische Welt. Die Wahrheit, dass 2 + 3 = 5 ist, steht für sich als eine reine Wahrheit, mag [End Page 270]

es eine Welt, und diese Welt mit diesen wirklichen Dingen geben oder nicht. Ebenso der logische...

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