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HERRSCHAFT UND FREIHEIT IN DER POLITISCHEN THEORIE DES 14.-JAHRHUNDERTS.1 Mit dem Begriffspaar "Herrschaft und Freiheit" habe ich mir ein Thema gestellt, das nur auf den ersten Blick und wohl nur einem heutigen Deutschen einleuchtet. "Herrschaft", ein Zentralbegriff deutscher verfassungsgeschichtlicher Tradition,2 der einen Staat in statu nascendi beschreiben und erklären soll,3 ist in seinen Konnotationen Ergebnis und Voraussetzung der Forschungsdiskussion, nicht unmittelbar in den Quellen als zeitgenössisch mittelalterliches Wort zu finden. Schon die Suche nach lateinischen Äquivalenten führt in Schwierigkeiten, da es einen Kernbegriff nicht gibt, jenen Begriff in Hauptzügen wiedergäbe, den wir meinen, wenn wir heute von "Herrschaft" sprechen. Dominium kann wohl den besten Anspruch darauf erheben, als Übersetzungsgleichung zu gelten, aber daneben haben potestas und potentia, auctoritas, regnum, Imperium, auch regimen, gubernatio (und dergleichen). In den modernen europäischen Nachbarsprachen ist "Herrschaft" immer noch schwer übersetzbar. Ich bin kein Philologe und möchte das nicht im einzelnen belegen, ich zitiere exemplarisch nur ein deutsch-italienisches Wörterbuch (von 'Den Vortrag, den ich hier zu Ehren von Father Gedeon GaI—stark gekürtz—zum Abdruck bringe, habe ich in ausführlicherer Fassung in spanischer Sprache veröffentllicht: "Señorío y libertad en la teoría política del siglo XIV", Patrística et mediaevalia 16 (Buenos Aires 1995), S.3-32; verwandte Themen habe ich in einem weiteren Rahmen behandelt in: "Bildungsstand und Freiheitsforderung (12.HJahrhundert )", Die abendländische Freiheit vom 10. zum 14. Jahrhundert, Der Wirkungszusammenhang von Idee and Wirklichkeit im europäischen Vergleich, hg. Johannes Fried, Vorträge und Forschungen 39 (Sigmaringen 1992), S.22 1-249. 2VgI. insbes. den Artikel "Herrschaft," Geschichtliche Grundbegriffe, Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hgg. Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck, Bd.3 (Stuttgart 1982), S.l-102, bes. Sff. (Moraw, Peter: "'Herrschaft' im Mittelalter") und die don angezogene Literatur. 3Dazu zuletzt etwa einleuchtend Diestelkamp, Bernhard, "Heinrich Mitteis, Lehnrecht und Staatsgewalt, im Lichte moderner Forschung," Heinrich Mitteis nach hundert Jahren (1889-1989), hgg. Peter Landau, Hermann Nehlsen, Dietmar Willoweit, Abb. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-Hist. Kl. N.F. 106 (München 1991), S.ll-21, bes. S.lSff.; dazu vgl. auch die Bemerkungen von Willoweit, Dietmar, Deutsche Verfassungsgeschichte, Vom Frankenreich bis zur Teilung Deutschlands (Juristische Kurzlehrbücher 1992), S.5-7. 123 Franciscan Studies (54) 1994-1997 124JÜRGEN MIETHKE 1972),4 wo für "Herrschaft": dominio, autorità und sovranità, signoria, dominazione, controllo und padronanza angeboten werden. Die Einheitlichkeit des deutschen Herrschaftsbegriffs erscheint so in der romanischen Sprache auch heute noch wie im Mittelalter aufgefächert und sehr verschieden akzentuiert. Das erschwert, wie leicht einzusehen ist, jede Untersuchung an den Texten der mittelalterlichen Theoretiker, da es eine Gesamttheorie von "Herrschaft" damals nicht gegeben hat, sie auch offenbar nicht angezielt war. Mit dem anderen Begriff im Titel meines Referats, dem der "Freiheit", steht es zwar anders, denn die lateinische Übersetzung mit libertas kann als ebenso unzweifelhaft gelten, wie die mittelhochdeutschen Äquivalenzen.5 Gleichwohl bleiben andere ebenfalls erhebliche Schwierigkeiten, die in diesem Fall vor allem in einer schärferen Erfassung der schillernden Vielfalt des semantischen Feldes liegen, das sich bereits in der Antike sehr verschiedenartig entfaltet hat und so dem Mittelalter sehr differenzierte und differierende Traditionen überließ. Da es auch uns bis heute nicht gelungen ist, einen klaren, vor allem einen allgemein verbindlichen Begriff von dem, was Freiheit ist, zu entwickeln, sollten wir über die Schwierigkeiten mittelalterlicher Theoretiker, mit dem Begriff zurecht zu kommen, nicht allzusehr die Nase rümpfen. Eine emsige und dichte Forschung hat es jedenfalls bisher nicht vermocht, den mittelalterlichen Gebrauch des Freiheitsbegriffs auch nur für den überwiegenden und gewichtigeren Teil der Zeugnisse überzeugend systematisch oder genetisch geschlossen zu erklären. Herrschaft und Freiheit gesondert und das Verhältnis beider zueinander sind, sehe ich recht, nirgendwo unmittelbar Gegenstand der Überlegungen geworden. Das ist so verwunderlich nicht, wenn wir die unmittelbaren Interessen und die Fokussierung der unseren Theoretikern überkommenen Traditionen beachten. Herrschaft und Freiheit in ihrem Spannungsverhältnis waren nicht Gegenstand des Nachdenkens in der Antike gewesen und traten in den Lebenshorizont unserer Autoren eigentlich nur indirekt. Indirekt also werden auch die Antworten sein, die wir von ihnen erwarten dürfen. An einigen 4Dizionario ¿elle Lingue Italiana e...

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