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  • Almost Necessary:Kafka's Kantian Situation Comedy
  • Erica Weitzman (bio)

In a letter of December 28, 1908 to Elsa Taussig (later to become the wife of Max Brod), Kafka writes the following:

Gnädiges Fräulein,

erschrecken Sie nicht, ich will Sie nur, wie ich es übernommen habe, rechtzeitig daran erinnern (und möglichst spät, damit Sie nicht mehr daran vergessen), daß Sie heute abend mit Ihrer Schwester ins "Orient" gehen wollten.

Schreibe ich mehr, ist es überflüssig und verringert gar noch die Bedeutung des Vorigen, aber ich habe immer noch leichter das Überflüssige getan, als das fast Notwendige. Dieses fast Notwendige habe ich nämlich immer leiden lassen, gestehe ich. Ich kann es gestehn, weil es natürlich ist.

Denn man ist so froh, daß man das ganz Notwendige fertig gebracht hat (dieses muß selbstverständlich immer gleich geschehn, wie könnten wir uns sonst am Leben erhalten für den Kinematographen—vergessen Sie nicht an heute abend—für Turnen und Tuschen, für allein Wohnen, für gute Äpfel, für Schlafen, wenn man schon ausgeschlafen ist, für Betrunkensein, für einiges Vergangene, für ein heißes Bad im Winter, wenn es schon dunkel ist und für wer weiß was noch) man ist dann so froh, meine ich, daß man, weil man eben so froh ist, das Überflüssige eben macht, aber gerade das fast Notwendige ausläßt.

Ich führe das nur deshalb an, weil ich nach dem Abend in Ihrer Wohnung wußte, daß es für mich fast notwendig sei, Ihnen zu schreiben. Ich versäumte dies endgiltig, denn nach der letzten Kinematographenvorstellung—Sie müssen das auseinanderhalten—war jener Brief noch immer fast notwendig, doch war diese beiläufige Notwendigkeit schon etwas vergangen, [End Page 590] aber natürlich nach einer andern, förmlich wertloseren Richtung, als es jene ist, in der das Überflüssige liegt.

Als Sie mir aber letzthin sagten, ich solle Ihnen schreiben, um meine Schrift zu zeigen, gaben Sie mir gleich alle Voraussetzungen des Notwendigen und damit des Überflüssigen in die Hand.

Und doch wäre jener fast notwendige Brief nicht schlecht gewesen. Sie müssen bedenken, daß das Notwendige immer, das Überflüssige meistens geschieht, das fast Notwendige wenigstens bei mir nur selten, wodurch es, allen Zusammenhanges beraubt, leicht kläglich will sagen unterhaltend werden kann.

Es ist also schade um jenen Brief, denn es ist schade um Ihr Lachen über jenen Brief, womit ich aber—Sie glauben mir bestimmt—gar nichts gegen Ihr übriges Lachen sagen will, auch nicht z.B. gegen jenes, das Ihnen heute abend der "galante Gardist" bereiten wird oder gar der "durstige Gendarm."1

All arguments to the contrary notwithstanding, Franz Kafka's much-debated comic sense is well in evidence in this early letter, functioning here at once as opening gambit, compositional principle, and explicit theme. Such a multiple use of the comic is in fact typical for Kafka, who not only applies and plays with traditional forms of comedy in his work, but—precisely in doing so—also puts those forms into question, in this way generating a comedy of comedy with far-reaching consequences for every aspect of his writing practice.2 The present paper, however, will confine itself to an examination of situation comedy in Kafka, defined as the comedy proper to Handlung or action, primarily through a reading of his early "America" novel, Der Verschollene. The claim will be that the above lines, flirtatiously tossed off to the future Mrs. Brod though they may be, provide no less than a description in nuce for Kafka's theory of comic plot: indeed, for his theory of plot in general. For whatever its frequency in real life may be according [End Page 591] to Kafka, the "almost necessary" actually occurs not at all rarely in his work, but rather constantly provides the criteria for situations and actions that are just as lamentable as they are amusing and as amusing as they are lamentable. From the rhetorical shift that turns "Das Urteil" from family romance to the tragedy of a failed Oedipus, to the hunger artist who would have been spared his otherwise inexorable...

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