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BOOK REVIEWS Goethe, Johann Wolfgang, Wilhelm Meisters Theatralische Sendung. Wilhelm Meisters Lehrjahre. Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten . Hrsg. von Wilhelm Voßkamp und Herbert Jaumann. Unter Mitwirkung von Almuth Voßkamp. Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche. I. Abteilung: Sämtliche Werke, Bd. 9- Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag, 1992. Goethe, Johann Wolfgang, Wilhelm Meisters Lehrjahre. Ein Roman. Hrsg. von Hans-Jürgen Schings. Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe, Bd. 5. München: Carl Hanser Verlag, 1988. Die beiden großen, im Erscheinen begriffenen Goethe-Ausgaben machen gute Fortschritte. Zwar wird sich die Komplettierung der beiden Großprojekte, die im Falle der Münchner Ausgabe für 1991 und im Falle der Frankfurter Ausgabe für 1994 vorgesehen war, verzögern, doch die Verzögerung hält sich in Grenzen; man nimmt sie um so leichter in Kauf, als das Gesamtniveau der beiden Editionen weiterhin erfreulich hoch ist. Mit dem Erscheinen des Wilhelm Meister in der Frankfurter Ausgabe bietet sich nun die Möglichkeit, das in Bd. V des Goethe Yearbook begonnene Geschält des Vergleichens, des Wagens und des Würdigens fortzusetzen und um eine besonders aufschlußreiche Stichprobe zu ergänzen. Während die Münchner Ausgabe einen ganzen Band allein den Lehrjahren widmet, enthält der entsprechende Band der Frankfurter Ausgabe au- ßerdem noch Wilhelm Meisters theatralische Sendung sowie die Unterhaltungen. Insgesamt ist der Band des Deutschen Klassiker Verlags etwa doppelt so stark (1614 Seiten) wie sein Pendant aus dem Hanser Verlag (856 Seiten). Letzterer kostet DM 63, womit das zu Beginn der Ausgabe kalkulierte Preisniveau eingehalten werden konnte; der Band des Klassiker 234 Book Reviews Verlags hingegen kostet im Abonnement DM 120 und liegt damit beträchtlich über dem anfangs annoncierten Abonnementspreis von DM 98. Beide Ausgaben der Lehrjahre ziehen die Konsequenzen aus den vielfach artikulierten Vorbehalten der Goethe-Philologie gegen die Weimarer Ausgabe und rekurrieren auf die editio princeps. Die Gründe für diese Entscheidung leuchten ohne weiteres ein, zumal bei der dem Prinzip der chronologischen Anlage verpflichteten Münchner Ausgabe. Die Lehrjahre, so Wolfgang Riedel, der für den Text verantwortliche Mitarbeiter der Münchner Ausgabe, sollten wieder "in dem Wortlaut der Ausgabe" zugänglich gemacht werden, "die in der deutschen Literatur um 1800 Epoche gemacht und von der die Wirkungsgeschichte dieses Romans ihren Ausgang genommen hat" (699). Weniger einleuchtend erscheinen hingegen Riedels Versuche, das Problem des "wechselnden Genus" der rätselvollen MignonGestalt von der Textgeschichte her zu entschärfen. Die Druckgeschichte der Lehrjahre zeige eine abnehmende Anzahl von männlichen Pronomina für Mignon; die Ausgabe letzter Hand weise überhaupt nur eine solche Stelle auf, was Riedel zu der Spekulation veranlaßt, bei den relativ häufigen Indizien des maskulinen Genus von Mignon im Erstdruck und in der Sendung handle es sich vielleicht um "schlichte Versehen, defekte Stellen." Ein Fall also von scheinbar neutraler Textkritik im Dienste der Interpretation! Riedel meint, daß die "sehr geringe Anzahl männlicher Formen. . . schwerlich signifikant genannt werden kann" (704). Ein vermeintlich insignifikantes Genus -Problem soll die unleugbare Geschlechtsproblematik des Romans entschärfen helfen. In Wahrheit wäre natürlich Mignons (und indirekt Wilhelms ) Geschlechtlichkeit auch dann ein Problem, wenn keine einzige männliche Form für Mignon vorkäme. Da nun aber die männlichen Formen für Mignon zur Textgeschichte gehören, egal in welcher Form, stellt sich erst recht das Problem. Der Klassiker Verlag war gut beraten, sich ebenfalls für den von der Münchener Konkurrenz' eingeschlagenen neuen Weg zurück zum Erstdruck zu entscheiden; merkwürdig ist nur, daß man ein so aussagekräftiges Detail wie den Untertitel: "Ein Roman, herausgegeben von Goethe," hat fallen lassen . Die Textfrage war einfacher zu lösen bei der Sendung, denn hier konnte man auf den von Renate Fischer-Lamberg bearbeiteten Text der leider unvollendeten Akademie-Ausgabe (1957) zurückgreifen. Und im Falle der Unterhaltungen, für die noch kein seit der Weimarer Ausgabe revidierter Text erarbeitet worden ist, wurde wiederum der Erstdruck zugrundegelegt . In beiden Ausgaben wird eine "behutsame Modernisierung," beziehungsweise "Normalisierung" angestrebt, ohne daß in die "orthographischen Eigentümlichkeiten" Goethes eingegriffen wurde. Und beide gehen über das bei Lese- und Studien-Ausgaben Übliche darin hinaus, daß eine Liste...

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