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  • Labors of Imagination: Aesthetics and Political Economy from Kant to Althusser
  • Peter Krapp
Labors of Imagination: Aesthetics and Political Economy from Kant to Althusser. By Jan Mieszkowski. New York: Fordham University Press, 2006. xiv + 226 pages. $55.00.

Seit Diderot gilt als interessant das, was sich den Vorerwartungen entzieht. Dieser Begriff des Interessanten eröffnet eine Geschichte der Unberechenbarkeit, des Unvorhersehbaren, des Unmöglichen. Das Bestreben der Geisteswissenschaften um ein Denken, das nicht kalkulierbar ist, sondern die Erfahrung des Unmöglichen erlaubt, hält fest an den besonderen Möglichkeiten der Einbildungskraft, die nicht reduzierbar sind auf ein politisches oder profitables Programm. Literatur insbesondere steht autonom als eine freie Praxis, die gesellschaftliche Werte weder bloß abbildet noch vorschreibt oder reguliert. Jan Mieszkowskis Buch ist eine neue Studie über die Sprache der Produktion in der Romantik und in der klassischen politischen Ökonomie des neunzehnten Jahrhunderts. Zugleich ist es eine Studie über die Produktion von Sprache in kanonischen Texten der Romantik und der politischen Ökonomie. Indem Mieszkowski hier Diskurse parallel führt, die jeweils aus der Moralphilosophie stammen und erst im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts divergieren, sucht seine Studie zu zeigen, dass eine kritische Analyse der romantischen Ästhetik sich als echte Alternative zu den vorherrschenden historistischen und pragmatischen Paradigmen der gegenwärtigen Geisteswissenschaften anbietet.

Mieszkowski setzt bei Immanuel Kant und Adam Smith ein und skizziert eine Geschichte der intellektuellen und materiellen Arbeit und ihrer Rolle in Debatten um Ideologie und Poesie. Allerdings setzen seine Lektüren kanonischer romantischer Literatur eine Menge philosophischen Appetit voraus, wenn er von Kant über Fichte und Schelling zu Mallarmé und Brecht eilt, um dann mit Adorno zu Baumgarten und Hegel zurückzukehren. Virtuos führt Mieszkowski Lektüren von Schlegel, Kleist, Hölderlin und Kafka durch und beweist sich so als erstklassiger Germanist. Man findet hier sehr triftige Interpretationen von Hölderlins Mnemosyne, Kleists Prinzen von Homburg und Kafkas "Hungerkünstler," die jeweils Mieszkowskis These zu untermauern suchen, dass eben die entscheidenden Diskursverfahren weder politisch-präskriptiv noch gesellschaftlich-reflektiv verfahren, sondern die Autonomie der Spracharbeit bei Bentham und Marx genauso lesbar machen wie deren zeitgenössische Literatur, die dann nicht mehr von jenen intellektuellen Leistungen der Einbildungskraft abgegrenzt werden kann, welche sowohl in philosophischer Spekulation als auch in ästhetischer Praxis zu finden sind.

Diese "Labors of Imagination" kreisen Mieszkowski zufolge in der politischen Ökonomie wie in der Ästhetik um den Begriff des Interesses. Zu Kant etwa merkt er an: "One of the central concepts in his account of the (dis)equilibrium of the self is interest, a term that appears at crucial moments in the three Critiques, but whose very ubiquity has tended to divert attention from its importance" (13). Diese Dialektik von Ablenkung und [End Page 423] Aufmerksamkeit durchzieht die Kapitel und wird explizit wieder aufgenommen gegen Ende des Buchs, wo Mieszkowski die Begriffsgeschichte des Interesses verknappt auf Rawls und Bentham (112f).

Dies reduziert die historisch wirkungsvolle Spannung zwischen ökonomischen und ästhetischen Bezugspunkten auf ihre Überkreuzung in der Romantik, während hier unerwähnt bleibt, wie Interesse als Begriff sich aus dem römischen Recht ent wickelte. Das lässt sich bei den Grimms oder bei Kluge nachschlagen, wo es eingeführt wird im Sinne einer Differenz zwischen tatsächlichem Schaden und entgangenem Gewinn. Seine Bedeutung gleitet von solchem Schadensersatz weiter zu Zinsen, Profit, Vorteil, bis hin zur heutigen Bedeutung der Anteilnahme—weitgehend parallel zu den historischen Wirtschaftsmodellen, in denen es als Begriff geführt wurde und wird, bis hin zur "attention economy" des 21. Jahrhunderts. Während es als Verbform zunächst juristisch Wertdifferenzen zwischen vereinbartem Preis, Sachwert und Entschädigung anzeigte, so wurde es ab dem 13. Jahrhundert substantiviert und verstanden als Zeitdifferenz zwischen Entleihen und Rückgabe im Sinne des Zins. Mit fortschreitender Abstraktion des Wortes bis zum 17. Jahrhundert stand es für Nutzen oder Vorteil und ging in dieser Bedeutung in die politische Diskussion ein, differenziert als Eigennutz oder Anteilnahme.

Von Hobbes und Locke über die Stufung der Interessen bei Adam Smith zu der religiös gerahmten Diskussion von Selbstliebe und Eigennutz bei den Jansenisten und in der französischen Aufklärung gilt Interesse vorerst als Begehren oder Bedürfnis; bei Rousseau findet Selbstliebe ein Korrektiv im Kunstinteresse...

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